1 Leitsatz
Wenn ein Wohnungseigentümer als Beklagter einer vor dem 1.12.2020 erhobenen Anfechtungsklage einen gegen ihn gerichteten (§ 100 Abs. 1 ZPO) Kostenerstattungsanspruch des siegreichen Anfechtungsklägers erfüllt, hat er gegen die übrigen Beklagten keinen Ausgleichsanspruch.
2 Normenkette
§ 426 BGB; § 100 Abs. 4 ZPO
3 Das Problem
Ein Wohnungseigentümer K einer vor dem 1.12.2020 erhobenen Anfechtungsklage erstattet dem siegreichen klagenden Wohnungseigentümer die Kosten des Rechtsstreits. Diese hatte das AG den beklagten Wohnungseigentümern nach "Köpfen" (= ihrer Anzahl) auferlegt. K meint, im Verhältnis der beklagten Wohnungseigentümer müsse Wohnungseigentümer B, der Mehrheitseigentümer, einen deutlich größeren Anteil zahlen. Auf diese Differenz klagt er.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Für einen Innenausgleich, etwa als Gesamtschuldner gem. § 426 BGB, gebe es keine Grundlage. Auch eine entsprechende Anwendung des § 100 Abs. 4 ZPO komme nicht in Betracht (Hinweis auf BGH, Urteil v. 23.10.2015, V ZR 76/14, Rn. 22). Etwas anderes folge auch nicht aus § 16 Abs. 2 WEG a. F. Dies bereits deshalb nicht, weil die aufgewandten Mittel keine der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gewesen seien. Aus der Treuepflicht folge nichts anderes.
5 Hinweis
Problemüberblick
Bis zum 1.12.2020 gab es u. a. bei Anfechtungsklagen eine Diskrepanz zwischen dem Innen- und dem Außenverhältnis. Ein Beispiel: Es gibt 20 Wohnungseigentümer. Teileigentümer K, Eigentümer eines Tiefgaragenstellplatzes, hat einen Miteigentumsanteil von 20/1.000. Eine Anfechtungsklage hat Erfolg. Dem klagenden Wohnungseigentümer entstehen Kosten i. H. v. 20.000 EUR. Dann hat jeder Wohnungseigentümer, auch K, nach § 100 Abs. 1 ZPO einen Betrag von 1.000 EUR zu zahlen. Wendete man § 16 Abs. 2 WEG a. F. an, müsste K nur 400 EUR zahlen. Im Fall geht Wohnungseigentümer K wegen dieser Diskrepanz vor. Die Klage hat keinen Erfolg, da § 16 Abs. 2 WEG und andere Normen die Diskrepanz nicht lösen.
Aktuelles Recht
Im aktuellen Recht, also dem Recht seit dem 1.12.2020, ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Beklagte einer Anfechtungsklage. Nur sie muss daher die Kosten des Rechtsstreits tragen, wenn die Anfechtungsklage Erfolg hat.
Das macht vieles, aber natürlich lange nicht alles besser. Ein Beispiel: Es gibt 20 Wohnungseigentümer. Teileigentümer K, Eigentümer eines Tiefgaragenstellplatzes, hat einen Miteigentumsanteil von 20/1.000. Eine Anfechtungsklage hat Erfolg. Dem klagenden Wohnungseigentümer Z entstehen Kosten i. H. v. 20.000 EUR. Diese hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu tragen. Im Innenverhältnis müssen sich die Wohnungseigentümer an den Kosten nach § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG in Höhe ihres Miteigentumsanteils beteiligen – also auch Z. Die Wohnungseigentümer können etwas anderes vereinbaren oder beschließen. § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG ist im Übrigen auch für die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer anwendbar, z. B. eines von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beauftragten Rechtsanwalts. Auch an diesen Kosten muss sich Z beteiligen. Er bezahlt also teilweise seine eigenen Kosten und die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, seiner Gegnerin.
6 Entscheidung
LG Frankfurt a. M., Urteil v. 21.7.2022, 2-13 S 21/22