Alexander C. Blankenstein
Leitsatz
Grundsätzlich hat der einzelne Bruchteilseigentumsberechtigte am Wohnungseigentum das Recht, allein die Gültigkeit von Beschlüssen im Wege der Anfechtungsklage klären zu lassen. Die Berechtigung hierfür ist § 1011 BGB zu entnehmen und führt dazu, dass der allein klagende Miteigentümer gesetzlicher Prozessstandschafter der anderen Bruchteilseigentumsberechtigten ist. Die übrigen Bruchteilseigentumsberechtigten sind durch den allein klagenden Miteigentümer nicht mitzuverklagen. Die Rechtskrafterstreckung auf sie kann durch eine Beiladung analog § 48 Abs. 1 Satz 1 WEG erreicht werden.
Fakten:
Vorliegend steht eine Wohnung im Miteigentum eines Ehepaars. Der Ehemann hatte Anfechtungsklage erhoben und diese ausdrücklich nicht gegen seine Gattin gerichtet, sondern gegen die übrigen Wohnungseigentümer laut eingereichter Eigentümerliste. Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen, da sie eben gerade nicht gegen sämtliche übrigen Wohnungseigentümer gerichtet wurde. Eine gesetzliche Prozessstandschaft könne nicht angenommen werden, da das Urteil dann nicht gegen die Ehegattin wirke.
Auch könne sie am Prozess nicht etwa durch Beiladung beteiligt werden. Dem konnte das Landgericht indes nicht folgen und hat der Berufung des Wohnungseigentümers stattgegeben. Zunächst war klarzustellen, dass der einzelne Bruchteilseigentümer durchaus das Recht hat, die Gültigkeit von Beschlüssen im Wege der Anfechtungsklage gerichtlich klären zu lassen. Insoweit aber fungiert der klagende Bruchteilseigentümer gerade als gesetzlicher Prozessstandschafer der anderen Bruchteilseigentümer.
Die Bruchteilsgemeinschaft zwischen dem hier klagenden Wohnungseigentümer und seiner Ehefrau besteht darin, den oder die entsprechenden Miteigentumsanteile an der streitgegenständlichen Wohnungseigentümergemeinschaft zu halten. In diesem Fall sind die gesetzlichen Bestimmungen über die Bruchteilsgemeinschaft vorrangig vor denjenigen über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzuwenden, die eine gemeinschaftliche Klage erfordern würden. Notwendige Folge hieraus ist, dass der klagebefugte Mitberechtigte die Anfechtungsklage gemäß § 46 Abs. 1 WEG nur gegen die übrigen Wohnungseigentümer, nicht aber gegen die übrigen Mitberechtigten zu richten hat. Die nicht klagenden Mitberechtigten werden selbst nicht Partei des Rechtsstreits.
Link zur Entscheidung
LG Itzehoe, Urteil vom 16.08.2011, 11 S 42/10LG Itzehoe, Urteil vom 16.8.2011 – 11 S 42/10
Fazit:
Eine Beteiligung des Bruchteilseigentümers oder der übrigen Bruchteilseigentümer an dem Rechtsstreit ist zwar aus Gründen der Rechtskrafterstreckung erforderlich, durchaus aber auch zu bewerkstelligen. Insoweit hat eine Beiladung durch analoge beziehungsweise entsprechende Anwendung von § 48 Abs. 1 WEG zu erfolgen. Insoweit ist nämlich eine gesetzliche Regelungslücke gegeben. Dieser besondere Fall wurde vom Gesetzgeber nicht mitbedacht. Da also der klagende Wohnungseigentümer als gesetzlicher Prozessstandschafter seiner Gattin fungierte, konnte diese nicht gleichzeitig Beklagte sein, sodass die Klagefrist eingehalten war und dem tragenden Argument des Amtsgerichts die Grundlage entzogen war.