Leitsatz

Eine Überschreitung der räumlichen, gegenständlichen und zeitlichen Grenzen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots kann nicht mit dem Wunsch gerechtfertigt werden, den ausgeschlossenen Gesellschafter einer besonderen Sanktion zu unterwerfen.

 

Sachverhalt

Die klagende Sozietät mit Sitz in München will gegenüber einem ehemaligen Sozius die Einhaltung eines vertraglichen Wettbewerbsverbots durchsetzen, nachdem der Beklagte seine Mitgliedschaft in der Sozietät gekündigt hatte. Das Wettbewerbsverbot verbietet jegliche Konkurrenztätigkeit, insbesondere als Rechtsanwalt; es untersagt die Beteiligung an einer Rechtsanwaltskanzlei, Rechtsbeistandskanzlei, Steuerberatungsgesellschaft sowie ähnlichen Unternehmen; es betrifft auch eine Tätigkeit als angestellter oder freier Mitarbeiter, wenn damit die Übernahme von Mandaten der Klägerin durch den Arbeitgeber verbunden ist, unabhängig davon, ob der Ausgeschiedene an den eingehenden Gebühren teilhat oder nicht. Das Verbot soll mit Ausscheiden aus der Sozietät beginnen, fünf Jahre lang gelten und sich auf den gesamten Regierungsbezirk X erstrecken. Der BGH wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Das vereinbarte Wettbewerbsverbot ist wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig und daher unwirksam. Nachvertragliche Wettbewerbseinschränkungen sind nach ständiger Rechtsprechung mit Rücksicht auf die durch Art. 12 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit nur dann gerechtfertigt und nicht sittenwidrig, wenn und soweit sie notwendig sind, um die Partner des ausgeschiedenen Gesellschafters vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge der gemeinsamen Arbeit oder vor einem Missbrauch der Ausübung der Berufsfreiheit zu schützen. Sie dürfen insbesondere nicht dazu eingesetzt werden, den früheren Mitgesellschafter als Wettbewerber auszuschalten. Ihre Wirksamkeit hängt davon ab, dass sie in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreiten[1]. Nur wenn eine solche Wettbewerbsklausel ausschließlich die zeitlichen Grenzen überschreitet, im Übrigen aber unbedenklich ist, kommt eine geltungserhaltende Reduktion in Betracht. Die Missachtung der gegenständlichen und räumlichen Grenzen hat dagegen die Nichtigkeit des Verbots zur Folge[2].

Diesen Anforderungen wird die hier in Rede stehende Regelung nicht gerecht. Sie verbietet einem aus der Klägerin ausgeschlossenen Gesellschafter auf die Dauer von fünf Jahren für den gesamten Regierungsbezirk X jegliche Konkurrenztätigkeit und sieht einen Verstoß hiergegen schon darin, dass der ausgeschlossene Partner "als Rechtsanwalt oder wie ein solcher tätig" wird, "oder sich an einer Anwaltssozietät" beteiligt "oder in ähnlicher Weise sich betätigt oder beteiligt". Ebenso wenig, wie ein Wettbewerbsverbot dazu eingesetzt werden darf, den ehemaligen Partner für die Zukunft als Wettbewerber auszuschalten, ist es gerechtfertigt, den ehemaligen Sozius auf diesem Wege zusätzlich zu "bestrafen".

 

Link zur Entscheidung

BGH-Urteil vom 18.7.2005, II ZR 159/03

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