Leitsatz

Die Parteien stritten um den von den Großeltern väterlicherseits zu zahlenden Unterhalt an eine im Jahre 1985 geborene junge Frau, die nach der Trennung ihrer Eltern in dem Haushalt ihrer Mutter lebte, die Naturalunterhalt leistete. Der Vater zahlte seit Mai 1997 bis zur Volljährigkeit keinen Unterhalt und entzog sich der Vollstreckung. Er hatte zwischenzeitlich im Übrigen zwei weitere minderjährige Kinder. Die Antragstellerin berief sich auf die Ersatzhaftung der Großeltern.

 

Sachverhalt

Die am 16.7.1985 geborene Antragstellerin nimmt ihre Großeltern väterlicherseits als Verwandte in gerader Linie auf Unterhalt für die Zeit vom 1.7.1998 bis 16.7.2003 in Höhe von insgesamt 3.275,09 EUR (61 Monate à 53,69 EUR) in Anspruch. Sie lebte seit der Trennung ihrer Eltern in dem Haushalt ihrer Mutter, die Naturalunterhalt leistete. Der Kindesvater hatte sich in einer Urkunde des Rates des Kreises G. verpflichtet, für seine Tochter einen monatlich im Voraus zu entrichtenden Unterhalt in Höhe von 90 Mark der DDR bis zum 12. Lebensjahr und i.H.v. 105 Mark der DDR ab dem 13. Lebensjahr zu zahlen. Die Antragstellerin macht geltend, ihr Vater habe seit Mai 1997 bis zu ihrer Volljährigkeit keinen Unterhalt gezahlt und sich über einen langen Zeitraum der Vollstreckung entzogen. Ihre Ansprüche seien nunmehr nicht mehr realisierbar, da er noch zwei weiteren minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet und im Übrigen leistungsunfähig sei. Sie begründet ihren Anspruch mit der Ersatzhaftung der Großeltern gem. § 1607 Abs. 1, 2 BGB. Die Großeltern treten dem Anspruch entgegen und machen geltend, sie seien erstmals mit Schreiben vom 13.07.2004 zur Zahlung rückständigen Unterhalts aufgefordert worden. Das AG hat der Antragstellerin Prozesskostenhilfe verweigert mit der Begründung, sie lasse sich nicht dazu ein, ob der Anspruch auf § 1607 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB gestützt werde. Im Übrigen habe sie keine Ausführungen zur Leistungsfähigkeit der Kindesmutter gemacht. Dies könne allerdings dahinstehen, da eine Inverzugsetzung erst mit Schreiben vom 8.7.2004 erfolgt sei.

Die Antragstellerin legt gegen die ablehnende PKH-Entscheidung Beschwerde ein. Zur Begründung führt sie an, wegen des Übergangs der Forderung gegen den Unterhaltsschuldner auf die Ersatzhaftenden beziehe sich der Forderungsübergang auch auf den Zeitraum vor Fristsetzung verbunden mit den Fristsetzungen und dem eingetretenen Verzug für den eigentlichen Unterhaltsschuldner.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Das OLG hält sie in der Sache selbst für unbegründet.

 

Entscheidung

Die Beschwerde hat nach Auffassung des OLG keine Aussicht auf Erfolg, da die Kindesmutter trotz der Bestimmung des § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB, nach der sie in der Regel ihrer Unterhaltsverpflichtung durch die Leistung von Naturalunterhalt nachkommt, im Verhältnis zu den Großeltern vorrangig gem. § 1606 Abs. 2 BGB zum Unterhalt verpflichtet ist. Insoweit fehlt es an jedem Vortrag der Antragstellerin zur Leistungsfähigkeit bzw. Leistungsunfähigkeit ihrer Mutter.

Im Übrigen fehlt jede Darlegung der Einkommens- und Vermögenssituation der Großeltern mütterlicherseits, da die in Anspruch genommenen Großeltern väterlicherseits gem. § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB nur neben den Großeltern mütterlicherseits in Form einer Teilschuld anteilig haften. Der Umfang des Anspruchs gegen sie lässt sich nur ermitteln, wenn sich auch der Anspruch gegen die Großeltern mütterlicherseits aufgrund deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse bestimmen lässt.

Hinsichtlich des Verzuges differenziert das OLG. Nach § 1607 Abs. 1 BGB tritt an die Stelle eines leistungsunfähigen oder nicht voll leistungsfähigen Unterhaltsschuldners der nach ihm Haftende, der nur eine eigene Verbindlichkeit erfüllt, da ein Unterhaltsanspruch gegen den vor ihm zur Unterhaltsleistung Berufenen gar nicht entstanden ist. Hier fehlt jede Abhängigkeit von der nicht eingetretenen Verpflichtung des Erstschuldners. Der Primäranspruch des § 1607 Abs. 1 setzt damit Verzug gem. § 1613 BGB voraus, der hier nicht vorliegt.

Der Zweitschuldner gem. § 1607 Abs. 2 BGB erfüllt hingegen eine fremde Schuld, wenn er für den primär Verpflichteten, gegen den die Rechtsverfolgung erheblich erschwert ist, eintritt. Soweit der nachrangig haftende Verwandte leistet, geht der Anspruch auf ihn über. Auch der übergegangene Anspruch wird auf die Sondervorschrift des § 1613 BGB begrenzt, auch insoweit fehlt es an einem Verzug der Antragsgegner. Es entspricht der Rechtsprechung des BGH im Schuldnerschutz den tragenden Gesichtspunkt dieser Regelung zu sehen (BGH FamRZ 1989, 850).

 

Link zur Entscheidung

Thüringer OLG, Beschluss vom 06.09.2005, 1 WF 240/05

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