Dr. iur. Stefan Lammel, Dr. Jan Henning Martens
Zusammenfassung
GmbH-Gesellschafter sind verpflichtet, einer Abberufung von Geschäftsführern zuzustimmen, wenn der Verbleib der Geschäftsführer in der GmbH für die Gesellschaft unzumutbar ist. Das ist der Fall, wenn in der Person des Geschäftsführers wichtige Gründe für die Abberufung vorliegen.
Hintergrund
Der Kläger ist gemeinsam mit seinem Onkel Gesellschafter der beklagten GmbH, beide halten 50 % der Anteile. Der Kläger wollte in einer Gesellschafterversammlung die Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund erreichen. Dieser habe unter anderem eine Falschaussage in einer anderen, die Gesellschaft betreffenden Streitigkeit getätigt. Auch sei das Vertrauensverhältnis zerrüttet. Der Kläger stimmte für die Abberufung, der Onkel des Klägers dagegen.
Mit seiner Feststellungsklage verfolgt der Kläger das Ziel, die wirksame Abberufung des Geschäftsführers durch den Gesellschafterbeschluss feststellen zu lassen. Die Stimmabgabe seines Onkels sei wegen Verstoßes gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht nichtig.
Das LG Bielefeld wies die Klage ab. Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Berufung.
Das OLG wies die Berufung als unbegründet zurück. Das Gericht stellte zunächst klar, dass es nach der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht für alle Gesellschafter geboten sein kann, der Abberufung eines Geschäftsführers zuzustimmen. Das ist dann der Fall, wenn in der Person des Geschäftsführers wichtige Gründe vorliegen, die sein Verbleiben für die Gesellschaft unzumutbar machen.
Allerdings führte das Gericht aus, dass wichtige Gründe im gegebenen Fall nicht ersichtlich seien, denn eine – als wichtiger Grund ausreichende - vorsätzliche Falschaussage zu Gunsten des anderen Gesellschafters konnte nicht bewiesen werden.
Schließlich ließ das Gericht die vom Kläger vorgebrachte Behauptung der Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses nicht ausreichen. Ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis stelle nur dann einen wichtigen Grund zur Abberufung eines Geschäftsführers dar, wenn die Zerrüttung auf eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung des Geschäftsführers zurückzuführen sei.
Das OLG Hamm stellt zu Recht hohe Anforderungen an die Zustimmungspflicht von Gesellschaftern zur Abberufung von Geschäftsführern. Zwar scheiterte die Klage hier an Beweisproblemen, denn eine vorsätzliche Falschaussage des betroffenen Geschäftsführers konnte nicht nachgewiesen werden. Aber auch die rechtlichen Hürden sind hoch. Für die Gesellschaft bedeutet die Abberufung eines Geschäftsführers einen oft schmerzhaften (manchmal aber auch heilsamen) Eingriff ins operative Geschäft. Dieser Eingriff ist daher nur gerechtfertigt, wenn der Geschäftsführer in seiner Position für die Gesellschaft – und nicht für die Gesellschafter – auf Grund seines Verhaltens nicht mehr zumutbar ist. Außerhalb des Geschäftsführers liegende Gründe (etwa Verstimmungen zwischen den Gesellschaftern, schlechte Konjunktur o.ä.) werden hierbei nicht berücksichtigt. Ist aber ein Geschäftsführer der Gesellschaft nicht mehr zumutbar, sind die übrigen Gesellschafter verpflichtet, einer Abberufung zuzustimmen. Stimmen sie nicht zu, ist der festgestellte Beschluss anfechtbar bzw. kann bei einem nicht festgestellten Beschluss - wie hier - Feststellungsklage erhoben werden.
Ob dieser Streit bei einer Verteilung der Geschäftsanteile im Verhältnis 49/51 vermeidbar gewesen wäre, weiß man nicht. Allerdings kommt es bei Beteiligungen im Verhältnis 50/50 häufig zu Patt-Situationen und Streitigkeiten, für die der Gesellschaftsvertrag möglichst klare Lösungsmechanismen vorsehen sollte. So lassen sich lange Streitigkeiten eher vermeiden und die negativen Folgen des Gesellschafterstreits für die Gesellschaft lassen sich verringern. Hierüber sollten sich Gesellschafter schon bei der Gründung Gedanken machen und nicht erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.