Prof. Dr. Volker Römermann
Rz. 24
§ 5 Abs. 1 lit. p FAO verlangt mindestens Fälle aus drei verschiedenen Bereichen des § 14i Nr. 1 und Nr. 2 FAO. Hier stellt sich zunächst die Frage, was ein "Fall" i.S.v. § 5 FAO ist.
Die Teilnehmer des sog. Berliner Erfahrungsaustausches vom 30.11. und 1.12.2001, einem Treffen der Fachausschüsse aller Rechtsanwaltskammern, formulierten mit Ziff. II 6. 1 Satz 1 der sog. "Berliner Empfehlungen", ein Fall i.S.d. FAO sei die juristische Aufarbeitung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes, der sich von anderen Lebenssachverhalten dadurch unterscheide, dass die zu beurteilenden Tatsachen und die Beteiligten verschieden seien. Eventuelle Besonderheiten bei der Bestimmung des Begriffes Lebenssachverhalt seien für die einzelnen Fachgebiete zu definieren. Soweit Rechtsmittelverfahren besondere und neue Anforderungen ggü. der bisherigen Tätigkeit im Fall stellten, könne dies nach § 5 letzter Satz FAO a.F. (heute: § 5 Abs. 4 FAO) durch Gewichtung berücksichtigt werden.
Mit Urt. v. 6.3.2006 bestätigte der BGH diese Definition weitestgehend.
Rz. 25
Anwärter auf den Titel der jeweiligen Fachanwaltsbezeichnungen sollten im Zweifel die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FAO enthaltenen Fallzahlen immer ein wenig überschreiten, damit in der Fallliste einige Fälle zum "Streichen" enthalten sind.
Hinweis
Nicht nur eine schriftliche, sondern auch eine telefonische Beratung gilt als Fall. Allerdings sollte die Fallbearbeitung hinreichend dokumentiert – bspw. durch einen Aktenvermerk – und, wenn möglich, abgerechnet sein.
Rz. 26
Es gibt keine Vorgaben im Hinblick auf die Schwierigkeit eines Falles. Auch einfach gelagerte Fälle sind Fälle. Der Bewerber muss zunächst die Frage, ob ein Fall gewertet werden kann, von der Frage unterscheiden, wie er zu gewichten ist. § 5 Abs. 4 FAO erlaubt es der Kammer, je nach Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit des einzelnen Falles für diesen Fall zu einer höheren oder einer niedrigeren Gewichtung zu kommen. Der Umstand, dass der "Fall" in der zweiten Instanz behandelt wird, führt nicht zwingend zu einer höheren Gewichtung. Für die Gewichtung seien – so der BGH – die Bedeutung, der Umfang und die Schwierigkeit des jeweiligen Falles mit all seinen Besonderheiten relevant. Als Fälle anzuerkennen sind z.B.:
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Handelsregisteranmeldungen, |
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Beratungen über Wettbewerbsverbote, sofern es gesellschaftsrechtlichen Ursprungs ist, Geschäftsbesorgungsverträge unter Kaufleuten unter Beachtung des § 362 HGB, |
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kaufmännische Bestätigungsschreiben oder Zurückbehaltungsrechte nach § 369 HGB. |