Prof. Dr. Volker Römermann
Rz. 31
§ 5 FAO verlangt, dass der Antragsteller die nachzuweisenden Fälle "als Rechtsanwalt persönlich und weisungsfrei" bearbeitet hat. Dabei ist es gleichgültig, ob der Antragsteller in seinen Fällen als Einzelanwalt oder Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft aktiv war. Gleichgültig ist auch, ob der Antragsteller die Fälle in eigener Sache bearbeitet hat, da die FAO insoweit auf einen Nachweis verzichtet hat. Der Antragsteller muss sich lediglich selbst mit der Sache inhaltlich und nicht nur im Hintergrund befasst haben. Diese Befassung kann bspw. durch die Anfertigung von Vermerken und Schriftsätzen oder die Teilnahme an Gerichtsterminen oder anderen Verhandlungen belegt werden.
Auch eine Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt genügt den Anforderungen des § 5 FAO. Zudem kann die Bearbeitung unter dem Briefkopf eines anderen Rechtsanwalts erfolgen, sofern dieser erklärt, dass der Antragsteller die Fälle allein bearbeitet habe.
Rz. 32
Die Einordnung eines Syndikusrechtsanwalts unter § 5 FAO ist schwieriger. Mit Beschl. v. 13.1.2003 hatte der BGH klargestellt, dass es dabei darauf ankomme, ob nach den konkreten Umständen eine selbstständige, d.h. eigenständige und von fachlichen Weisungen freie Bearbeitung durch den Syndikus gewährleistet sei. Denn nur eine eigenverantwortliche weisungsungebundene Bearbeitung sei zum Nachweis der Befähigung nach § 5 FAO geeignet. Dies wurde im konkreten Fall für den Verbandssyndikus eines Arbeitgeberverbandes bejaht. Daraus folgt, dass jedenfalls früher nicht jede Syndikustätigkeit für sich genommen in gleicher Weise zum Nachweis der selbstständigen Fallbearbeitung i.S.v. § 5 FAO herangezogen werden konnte.
Seit der Neuordnung des Berufsrechts der Syndikusrechtsanwälte insbesondere in § 46 BRAO sind die Eigenverantwortlichkeit und die fachliche Unabhängigkeit gesetzlich vorgeschrieben. Eines besonderen Nachweises persönlicher und weisungsfreier Bearbeitung bedarf es danach grds. nicht mehr. Soweit aufgrund spezifischer Umstände des Einzelfalls der Nachweis doch verlangt wird, kann der Syndikusrechtsanwalt ihn dadurch führen, dass er seine Beteiligung an der Bearbeitung stichwortartig beschreibt. Auch eine deutliche Erklärung des Arbeitgebers kann hierzu genügen.
Rz. 33
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 4.11.2009 die Anforderungen an die Fallbearbeitung zur Erlangung des Fachanwaltstitels durch einen Syndikusrechtsanwalt näher umrissen.
Eine persönliche Bearbeitung i.S.v. § 5 FAO liegt nach Auffassung des BGH nur vor, wenn sich der Syndikusrechtsanwalt – etwa durch Anfertigung von Vermerken und Schriftsätzen oder die Teilnahme an Gerichts- und anderen Verhandlungen – selbst mit der Sache inhaltlich befasst hat. Ein "Wirken im Hintergrund" gilt dagegen nicht als "persönliche Bearbeitung" i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 FAO.
Rz. 34
Die persönliche Bearbeitung in diesem Sinne hat der Syndikus in der Form des § 6 FAO nachzuweisen, soweit er nicht durch Verwendung eines eigenen Briefkopfs oder in ähnlicher Weise nach außen als Bearbeiter in Erscheinung tritt. Die Beteiligung an der Fallbearbeitung hat der Syndikus stichwortartig zu beschreiben und ggf. durch Vorlage einer Bescheinigung des Arbeitgebers nachzuweisen. Die Bescheinigung kann auf die Fallliste des Syndikusanwalts Bezug nehmen. Eine Bezugnahme muss aber erkennen lassen, dass die – mit Namen und Funktionsbezeichnung kenntlich zu machende – Leitung der Arbeitseinheit, in der die Fälle bearbeitet worden sind, die Liste geprüft hat und dem Syndikusrechtsanwalt für alle oder bestimmte in der Liste aufgeführten Fälle eine persönliche Bearbeitung bescheinigen will.
Fallbearbeitungen durch den Syndikus können berücksichtigt werden, wenn sie den Vorgaben der Norm entsprechen, in erheblichem Umfang der selbstständigen anwaltlichen Tätigkeit entstammen und insgesamt bei wertender Betrachtung die praktische Erfahrung vermitteln, die die Führung der Fachanwaltsbezeichnung bei dem anwaltliche Beratung und Vertretung suchenden Publikum erwarten lässt. Allerdings muss der Syndikusrechtsanwalt auch Fälle in erheblichem Umfang in selbstständiger, anwaltlicher Tätigkeit bearbeitet haben.
Durch das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung v. 21.12.2015 wurde festgelegt, dass aufgrund der gesetzlichen Regelung, dass Syndikusrechtsanwälte anwaltlich tätig sind, praktische Erfahrungen aus der Syndikusrechtsanwaltstätigkeit bei der Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung und bei der Zulassung europäischer Rechtsanwälte berücksichtigt werden können.