Prof. Dr. Volker Römermann
Rz. 100
Die Möglichkeiten der Fortbildung zum Erhalt der einmal erworbenen Fachanwaltsbezeichnung sind ähnlich mannigfaltig wie die Möglichkeiten zum Erwerb der theoretischen Kenntnisse gem. § 4 FAO, beschränken sich also nicht auf eine bloße hörende Teilnahme an einem Fachseminar. Neben einer solchen Teilnahme kann der Nachweis der ausreichenden Fortbildung auch durch eine dozierende oder wissenschaftliche Tätigkeit sowie im Rahmen eines Selbststudiums (bis zu fünf Stunden) erbracht werden.
1. Wissenschaftliche Publikation
Rz. 101
Eine wissenschaftliche Publikation wird regelmäßig eine Veröffentlichung sein, welche eine vertiefte juristische Befassung zum Thema hat; bspw. Aufsätze, Kommentare oder Urteilsanmerkungen. Z.T. wurde in der Vergangenheit gefordert, eine solche Publikation müsse zwingend auf ein juristisches Fachpublikum zielen, also in einer Fachzeitschrift erscheinen. Mit Beschl. v. 14.12.2005 hat der AGH Schleswig-Holstein allerdings festgestellt, dass auch ein kurzer Beitrag in einer Berater-Fachzeitschrift ("Der Familien-Berater") den wissenschaftlichen Anforderungen genügen kann, mithin in einer nicht-juristischen Fachzeitschrift, die sich auch nicht explizit an ein juristisches Fachpublikum richtet. Es kommt also v.a. auf die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema an. Insofern ist hier von einer rein darstellenden oder publikumsorientierten Veröffentlichung in der allgemeinen Presse abzugrenzen, die i.d.R. eher dem werbenden Zweck dient. Beiträge in Mandantenrundschreiben genügen ebenfalls nicht. Ein nur auf der eigenen Homepage veröffentlichter Fachbeitrag soll ebenfalls keine wissenschaftliche Publikation sein, mit der ein Fachanwalt seine Fortbildungspflicht erfüllen kann.
Es muss die Gleichwertigkeit des Verfassens der wissenschaftlichen Publikation mit der 15-stündigen Teilnahme an einer anwaltlichen Fortbildungsveranstaltung gewährleistet sein, die aufgrund des wissenschaftlichen Charakters allerdings auch schon bei weniger umfangreichen Urteilsanmerkungen regelmäßig gegeben sein wird. Entscheidend für die zeitliche Zuordnung der Veröffentlichung ist grds. das Erscheinungsdatum.
2. Dozierende Teilnahme
Rz. 102
Die für den Erhalt der Fachanwaltsbezeichnung geforderte Fortbildung kann auch dadurch erlangt werden, dass der Rechtsanwalt dozierend an einer Fortbildungsveranstaltung teilnimmt. Als Veranstaltung kommen dabei juristische Seminare vor Kollegen, interne Fortbildungen, sog. "Fortbildungszirkel" unter Kollegen, ebenso wie Fachtagungen, Vorlesungen, und Mandantenveranstaltungen in Betracht; solange diese einen entsprechenden Fachbezug haben und der Aus- und Fortbildung dienen (dies ist bei reinen Werbeveranstaltungen zur Mandatsakquise zu vereinen).
3. Hörende Teilnahme
Rz. 103
Hinsichtlich der hörenden Teilnahme gilt im Wesentlichen das bereits unter Rdn 12 ff. Gesagte.
Rz. 104
Streitig war die Zulässigkeit von sog. Online-Seminaren für die Pflichtfortbildung eines Fachanwalts.
Rz. 105
In einer Entscheidung vom 17.3.2005 hat der AGH Schleswig-Holstein die Auffassung der dortigen Kammer bestätigt, die eine "virtuelle" Teilnahme auf elektronischem Wege an einer Veranstaltung nicht anerkennen wollte. Das Gericht hat entscheidend darauf abgestellt, dass bei einer lediglich elektronisch vermittelten Teilnahme nicht die für eine Seminarveranstaltung typische wechselseitige Diskussion zwischen Teilnehmern und Dozenten möglich sei. Zudem bestätigte das Gericht Bedenken der Kammer, die eine ausreichende Kontrollmöglichkeit vermisst hatte.
Rz. 106
Der BGH hat diese Frage bislang offengelassen.
Rz. 107
In ihrer 3. Sitzung am 15.6.2009 hat die 4. Satzungsversammlung in einem neuen § 15 Abs. 2 FAO (damals noch § 15 Abs. 1 Satz 2 FAO a.F.) festgeschrieben, dass Fortbildungsveranstaltungen nicht zwingend in Präsenzform durchgeführt werden müssen. Nichtpräsenzveranstaltungen sind zukünftig zulässig, wenn sichergestellt ist, dass Referenten und Teilnehmer einer solchen Veranstaltung untereinander kommunizieren können, also Fragen und Diskussionsbeiträge möglich sind, und der Nachweis der durchgängigen Teilnahme erbracht werden kann. Dieser Nachweis wird z.B. durch die sog. "Button-Lösung" erbracht: Der Teilnehmer bekommt vom Veranstalter nach dem Zufallsprinzip ein Zeitfenster von zehn Sekunden, um ein bestimmte Interaktion (hier: Knopfdrücken) vorzunehmen. Ergänzt wird dieses Verfahren gelegentlich noch durch zusätzliche Fragen zu Vortragsinhalten, welche ebenfalls in einer kurzen Zeitspanne beantwortet werden müssen.
4. Selbststudium
Rz....