Prof. Dr. Volker Römermann
Rz. 76
Gem. §§ 7, 24 Abs. 5–7 FAO hat der Antragsteller zum (abschließenden) Nachweis seiner besonderen theoretischen Kenntnisse oder der praktischen Erfahrungen mit dem Fachgebietsausschuss ein Fachgespräch zu führen. Von der Durchführung des Fachgesprächs kann abgesehen werden, wenn der Ausschuss der Ansicht ist, seine Stellungnahme bereits aufgrund der vorgelegten Unterlagen abgeben zu können.
Rz. 77
Der BGH hat jedoch mit seiner Leitsatzentscheidung vom 7.3.2005 an seiner bisherigen Rspr. festgehalten, wonach das Fachgespräch nur eine ergänzende Beurteilungsgrundlage ist:
Zitat
"Aufgrund der Funktion des Fachgesprächs, lediglich die bei der Prüfung der Nachweise nach § 6 FAO festgestellten Defizite auszugleichen, gilt die Begrenzung des Prüfungsstoffs im Fachgespräch auf die Bereiche, in denen der Nachweis der besonderen theoretischen Kenntnisse und/oder praktischen Erfahrungen durch die vorgelegten Unterlagen nicht oder nicht voll gelungen ist und in denen der Fachausschuss deshalb diesbezüglichen Klärungsbedarf sieht."
Rz. 78
Das Fachgespräch muss beschränkt werden auf diejenigen Bereiche, in denen der Antragsteller nach Auffassung des Prüfungsausschusses den Nachweis seiner besonderen theoretischen Kenntnisse noch nicht geführt hat.
Hinweis
Ein rechtswidrig angeordnetes oder durchgeführtes Fachgespräch darf nicht zum Nachteil des Bewerbers verwertet werden und begründet aus diesem Grund ein Rechtsmittel gegen den entsprechenden Bescheid der Rechtsanwaltskammer.
1. Ladung
Rz. 79
Gem. § 7 Abs. 2 FAO erfolgt die für das Fachgespräch erforderliche Ladung mit einer Frist von einem Monat. Die Monatsfrist dient dem Schutz des Antragstellers, der ausreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung auf das Fachgespräch haben soll. Die Ladung hat Hinweise auf den Bereich zu enthalten, der Gegenstand des Fachgesprächs sein wird. Unterlässt der Ausschuss diesen Hinweis, ist die Ladung zum Fachgespräch rechtswidrig. Dies gilt auch, wenn dem Antrag auf Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung schon aufgrund der schriftlichen Unterlagen hätte stattgegeben werden müssen.
Versäumt der Antragsteller trotz ordnungsgemäßer Ladung zwei Termine für das Fachgespräch ohne ausreichende Entschuldigung, entscheidet der Ausschuss gem. § 24 Abs. 7 FAO nach Lage der Akten.
2. Inhalt und Dauer des Fachgesprächs
Rz. 80
Das Fachgespräch ist nicht öffentlich und wird von dem Fachausschuss abgehalten. Als Zuhörer sind insofern nur noch Mitglieder des Vorstands der Rechtsanwaltskammer und stellvertretende Ausschussmitglieder zugelassen. Die an den Antragsteller zu stellenden Fragen sollen sich gem. § 7 Abs. 2 Satz 2 FAO an den in der Praxis überwiegend vorkommenden Fällen ausrichten. Dabei handelt es sich allerdings nur um eine Soll-, nicht um eine Muss-Vorschrift, um der einem Fachgespräch innewohnenden gewissen Eigendynamik Rechnung zu tragen.
Rz. 81
Die auf den einzelnen Antragsteller entfallende Befragungszeit soll nicht weniger als 45 und nicht mehr als 60 Minuten betragen. Damit überschreitet die Befragungszeit diejenige des zweiten juristischen Staatsexamens bei Weitem, die i.d.R. um die 30 Minuten beträgt. Diese längere Befragungszeit ist jedoch gerechtfertigt, da das Fachgespräch dem Bewerber die Möglichkeit an die Hand geben soll, Zweifel an den von ihm eingereichten Nachweisen theoretischer Kenntnisse und praktischer Erfahrungen auszuräumen.
3. Rechtsschutz gegen die Ladung
Rz. 82
Sämtliche Entscheidungen des Ausschusses unterliegen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht der uneingeschränkten richterlichen Überprüfung. Aus diesem Grund wird von einigen Stimmen in der Literatur die Ansicht vertreten, dass bereits die Ladung zum Fachgespräch auch nach Umkehrung des Regel-Ausnahme-Prinzips anfechtbar sein soll.
Dies erscheint jedoch nach der Gesetzesänderung nicht mehr folgerichtig, da die Ladung zum Fachgespräch bisher implizierte, dass der Vorprüfungsausschuss den Nachweis der besonderen theoretischen und praktischen Erfahrungen aufgrund der eingereichten Unterlagen als nicht erbracht ansehe. Nachdem nun aber das Fachgespräch als obligatorisch angesehen wird, ist zweifelhaft, inwieweit der Antragsteller bereits durch die Ladung zum Fachgespräch beschwert ist. Alles in allem dürfte die eigenständige Anfechtbarkeit der Ladung zum Fachgespräch nunmehr zu verneinen sein.
Allerdings müssen die bisherigen Grundsätze zur Anfechtbarkeit der Ladung nunmehr entsprechend auf die Entscheidung des Berichterstatters bzw. des Ausschusses, die vorgelegten Fallzahlen zuungunsten des Antragstellers zu gewichten, übertragbar sein. Folglich wird eine solche Entscheidung gem. den Vorschriften der VwGO anfechtbar sein.