Rz. 12
Auch im selbstständigen Beweisverfahren kann der Anwalt eine 1,2-Terminsgebühr nach VV 3104 verdienen. Die Terminsgebühr entsteht,
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wenn es in einem gerichtlichen Termin zu Verhandlungen oder Erörterungen kommt (VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 1), z.B. im Fall des § 492 Abs. 3 ZPO, |
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wenn der Anwalt an einem vom Sachverständigen anberaumten außergerichtlichen Termin teilnimmt (VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 1), |
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wenn der Anwalt an Besprechungen oder Terminen (auch) ohne Beteiligung des Gerichts und des Sachverständigen mit dem Gegner teilnimmt, um das Beweisverfahren zu erledigen und/oder einen nachfolgenden Rechtsstreit zu vermeiden (VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2). Dass im Verfahren eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, ist unerheblich. Die Besprechung muss dabei nicht mit der Gegenpartei oder deren Bevollmächtigtem erfolgen. Auch Besprechungen und Einigungen mit Dritten reichen im Rahmen der VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 aus. Solche Fälle sind etwa gegeben, wenn z.B. nach Einleitung des Beweisverfahrens der Sachbearbeiter des Haftpflicht- oder Schadensversicherers anruft, um den Schaden einvernehmlich zu regulieren, oder wenn sich der Antragsteller im Bauprozess an den "falschen" Antragsgegner gewandt hat und der tatsächlich verantwortliche Unternehmer sich dann zwecks Regelung beim Antragsteller meldet. |
Rz. 13
Eine fiktive Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu VV 3104 ist dagegen nicht möglich, da im selbstständigen Beweisverfahren eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist (§§ 490 Abs. 1, 128 Abs. 4 ZPO).
Rz. 14
Zu den Voraussetzungen der Terminsgebühr in den jeweiligen Varianten wird auf die Kommentierung zu VV Vorb. 3 Abs. 3. Bezug genommen. Die dortigen Ausführungen gelten auch für das selbstständige Beweisverfahren, da die Gebührentatbestände identisch sind.
Rz. 15
Zu einer Terminsgebühr kann es auch bei vorzeitiger Erledigung des Verfahrens kommen, wenn nach Auftragserteilung eine Besprechung zur Vermeidung des Beweisverfahrens geführt wird.
Beispiel: Der Anwalt erhält den Auftrag zur Einleitung eines Beweisverfahrens über Baumängel i.H.v. 30.000 EUR. Es findet zuvor noch eine Besprechung mit dem Gegner statt, die damit endet, dass die Mängel unstreitig gestellt werden und sich das Beweisverfahren damit erledigt.
Neben der reduzierten Verfahrensgebühr nach VV 3100, 3101 Nr. 1 kommt eine 1,2-Terminsgebühr nach VV 3104 hinzu, da diese Gebühr nach VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 auch entsteht, wenn der Anwalt Verhandlungen zur Vermeidung des Verfahrens führt, und zwar auch schon vor Anhängigkeit.
1. |
0,8-Verfahrensgebühr, VV 3100, 3101 |
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764,00 EUR |
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(Wert: 30.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
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1.146,00 EUR |
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(Wert: 30.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.930,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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366,70 EUR |
Gesamt |
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2.296,70 EUR |
Rz. 16
Der Gegenstandswert der Terminsgebühr richtet sich nach dem Wert der Gegenstände, über die der Termin stattfindet. Sofern der der Termin nur hinsichtlich eines Teils der Beweisfragen stattfindet, fällt die Terminsgebühr nur nach einem geringeren Wert an, der gegebenenfalls auf Antrag nach § 33 Abs. 1 gesondert festzusetzen ist.
Beispiel: Der Anwalt stellt einen Antrag auf Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens über diverse Baumängel i.H.v. 30.000 EUR. Wegen eines Teils der Mängel (10.000 EUR) wird der Antrag zurückgewiesen. Im Übrigen wird der Beschluss erlassen. Anschließend kommt es zu einem Begutachtungstermin mit dem Sachverständigen.
Der Streitwert des Verfahrens beträgt 30.000 EUR. Danach wird auch die Gerichtsgebühr erhoben. Die Verfahrensgebühr des Anwalts berechnet sich daher auch aus 30.000 EUR, die Terminsgebühr dagegen nur aus 20.000 EUR.