1. Überblick
Rz. 91
Wird nach Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses der Streitwert neu festgesetzt, sodass sich eine geringere oder eine höhere Erstattungsforderung ergibt, kann das Gericht nach § 107 Abs. 1 ZPO die Kostenfestsetzung abändern. Erforderlich ist allerdings ein Antrag, § 107 Abs. 1 S. 1 ZPO.
2. Verfahren
Rz. 92
Antragsberechtigt sind beide Parteien. Eine Beschwer ist nicht erforderlich. Daher kann auch die erstattungsberechtigte Partei den Antrag nach § 107 ZPO stellen, wenn sich ein geringerer Erstattungsanspruch ergibt, oder die erstattungspflichtige Partei, wenn sich ein höherer Erstattungsanspruch ergibt. Nach einem Antrag nach § 107 Abs. 1 ZPO berechnet das Gericht auf der Basis des abgeänderten Streitwerts den Erstattungsanspruch neu und setzt entsprechend neu fest. Der ursprüngliche Beschluss wird aufgehoben. Hinsichtlich der Verzinsung bleibt es grundsätzlich bei dem ursprünglichen Zinsbeginn, da der ursprüngliche Kostenfestsetzungsantrag Grundlage der Kostenfestsetzung bleibt. Soweit aber ein höherer Betrag festgesetzt werden soll als mit dem ersten Antrag geltend gemacht, beginnt die Verzinsung erst ab Einreichung des neuen Antrags.
Rz. 93
Aufgrund der Verweisung des § 107 Abs. 3 ZPO auf § 104 Abs. 3 ZPO ist eine Rückfestsetzung möglich (siehe Rdn 99 ff.). Soweit also der Kostenerstattungsschuldner aufgrund des vorherigen und im Rahmen der Neufestsetzung aufzuhebenden Kostenfestsetzungsbeschlusses zu viel gezahlt hat, kann die Überzahlung gegen den Kostenerstattungsberechtigten festgesetzt werden. Wird gegen die Rückzahlungsverpflichtung eine streitige Aufrechnung eingewandt, steht das einer Rückfestsetzung entgegen.
Rz. 94
Der Antrag nach § 107 Abs. 1 ZPO ist nur innerhalb eines Monats ab Zustellung oder Verkündung des abändernden Streitwertbeschlusses möglich, § 107 Abs. 2 ZPO. Eine formlose Mitteilung setzt die Frist nicht in Gang. Nach Fristablauf kommt eine vereinfachte Abänderung der Festsetzung nicht mehr in Betracht. Jedoch sind die Beteiligten nicht rechtlos gestellt. Möglich bleiben die Nachfestsetzung und materiell-rechtliche Ansprüche. Die Frist des § 107 Abs. 2 ZPO gilt nur für die Abänderung der bereits erfolgten Kostenfestsetzung. Nachfestsetzung, Vollstreckungsabwehrklage und Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung werden durch eine Fristversäumung nicht berührt.
3. Rechtsbehelfe
Rz. 95
Gegen die Entscheidung im Verfahren nach § 107 ZPO ist gemäß der Verweisung auf § 104 Abs. 3 ZPO wiederum die Beschwerde gegeben, soweit der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 200 EUR übersteigt (§ 567 Abs. 2 ZPO). Mit der Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO kann die Entscheidung über die Beschwerde angegriffen werden, wenn die Rechtsbeschwerde zugelassen worden ist. Wird der Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 200 EUR nicht erreicht, bleibt die Erinnerung.
Rz. 96
Wird nach rechtskräftiger Kostenfestsetzung der zugrunde liegende Wert des Streitgegenstands anderweitig festgesetzt, kann der nach § 107 ZPO ergehende Abänderungsbeschluss nicht mit der Begründung angefochten werden, die dem abgeänderten Streitwert angepassten Gebühren seien nicht erstattungsfähig. Dieser Einwand hätte im vorangegangenen Festsetzungsverfahren erhoben werden müssen. Im Verfahren nach § 107 ZPO ist er präkludiert. Auch sonstige Einwendungen, über die schon – wenn auch nur dem Grunde nach – im vorausgegangenen Kostenfestsetzungsverfahren entschieden worden ist, sind im Abänderungsverfahren nicht mehr zulässig.
Rz. 97
Die Beschwerde oder Erinnerung gemäß § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG ist grundsätzlich neben dem Verfahren nach § 107 ZPO zulässig. Wird also der Streitwert noch in der zweiwöchigen Beschwerde- oder Erinnerungsfrist abgeändert, kann die unzutreffend gewordene Festsetzung auch mit der Erinnerung oder Beschwerde angegriffen werden. Soweit sich aufgrund der Wertänderung ein höherer Kostenerstattungsanspruch ergibt, ist unabhängig vom dem Verfahren nach § 107 ZPO ohnehin jederzeit eine Nachfestsetzung aufgrund des abgeänderten höheren Streitwerts möglich. Es ergeht dann lediglich kein einheitlicher Beschluss, sondern ein getrennter Festsetzungsbeschluss über den sich nach dem höheren Wert ergebenden Mehrbetrag. Der ursprüngliche Beschluss bleibt daneben bestehen. Soweit sich ein geringerer Erstattungsbetrag ergibt und die erstattungspflichtige Partei bereits gezahlt hat, kann sie anstelle des Verfahrens gemäß § 107 ZPO nach allgemeinen Vorschriften (in der Regel Bereicherungsrecht) zu viel Gezahltes zurückverlangen. Sie muss allerdings klagen, wenn der zu viel gezahlte Betrag nicht freiwillig zurückerstattet wird. Dieser Weg bietet sich an, wenn die Zahlung oder der Rückforderungsanspruch streitig ist, da insoweit keine Prü...