Beispiel: Der Anwalt hatte im April 2020 den Auftrag erhalten, eine Klage einzureichen. Der Beklagte meldet sich nicht, so dass auf Antrag des Klägers nach § 331 Abs. 3 ZPO ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren ergeht. Der Beklagte legt durch seinen Anwalt Einspruch ein. Es kommt zur mündlichen Verhandlung im Juli. Die Sache endet durch Vergleich im August 2020.
Da ein Versäumnisurteil eine Kostenentscheidung erhält, ist die bis dato angefallene Vergütung gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 RVG fällig geworden. Der Anwalt konnte wie folgt abrechnen, und zwar mit 19 % Umsatzsteuer, da im April 2020 noch der Steuersatz von 19 % galt.
I. |
Abrechnung nach Versäumnisurteil |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 7.200 EUR) |
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592,80 EUR |
2. |
0,5-Terminsgebühr, VV 3104, 3105 (Wert: 7.200 EUR) |
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228,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
840,80 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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159,75 EUR |
Gesamt |
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1.000,55 EUR |
Die weitere Vergütung ist dagegen erst mit Abschluss des Vergleichs fällig geworden (§ 8 Abs. 1 S. 1 RVG). Würde man hinsichtlich der Tätigkeit bis zum Versäumnisbeschluss von einer Teilleistung ausgehen, dann wäre wie folgt zu rechnen:
II. |
Schlussrechnung |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 7.200 EUR) |
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592,80 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert: 7.200 EUR) |
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547,20 EUR |
3. |
1,0-Einigungsgebühr, VV 1000, 1003 (Wert: 7.200 EUR) |
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456,00 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
5. |
abzüglich bereits gezahlter (netto) |
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– 840,80 EUR |
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Zwischensumme |
775,20 EUR |
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6. |
16 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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124,03 EUR |
Gesamt |
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899,23 EUR |
Insgesamt (I. + II.) |
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1899,78 EUR |
Die Tätigkeit bis zum Erlass des Versäumnisurteils stellt aber keine eigenständige Teilleistung i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 UStG dar, für die eine gesonderte Vergütung gezahlt wird. Hier tritt vielmehr lediglich eine vorzeitige Teilfälligkeit ein. Dieser Fall ist vergleichbar mit einem Vorschuss. Das folgt schon daraus, dass für die weitere Tätigkeit nach dem Versäumnisurteil keine gesonderte Vergütung anfällt, sondern sich die bisherige Vergütung erhöht. Die Verfahrensgebühr wird als Dauergebühr zwar erneut ausgelöst, kann aber insgesamt nur einmal geltend gemacht werden (§ 15 Abs. 2 RVG). Die bisherige Terminsgebühr erstarkt von 0,5 auf 1,2. Hieraus ist zu ersehen, dass die bisherige Vergütung in der weiteren Vergütung aufgeht. Es liegen damit keine gesondert abgrenzbaren und gesondert zu vergütenden Leistungen vor, zumal der Anwalt auch nicht verpflichtet ist, teilfällige Beträge abzurechnen.
Hieraus folgt, dass das gesamte Mandat einheitlich mit 16 % zu versteuern und wie folgt abzurechnen ist.
II. |
Schlussrechnung |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 7.200 EUR) |
|
592,80 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert: 7.200 EUR) |
|
547,20 EUR |
3. |
1,0-Einigungsgebühr, VV 1000, 1003 (Wert: 7.200 EUR) |
|
456,00 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.616,00 EUR |
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5. |
16 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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258,56 EUR |
Gesamt |
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1.874,56 EUR |
6. |
abzüglich gezahlter netto |
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– 840,80 EUR |
7. |
abzüglich gezahlter 19 % Umsatzsteuer |
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– 159,75 EUR |
Restbetrag |
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874,01 EUR |
Insgesamt ergeben sich jetzt (I. + II.) |
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1.874,56 EUR |
Faktisch kommen dem Mandanten also 3 % Steuerdifferenz aus 840,80 EUR zugute (25,22 EUR).