1. Umfang der Angelegenheit
Rz. 61
Zum Umfang der Angelegenheit siehe Rdn 1 ff.
2. Verfahrensgebühr
a) Volle Verfahrensgebühr
Rz. 62
Für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (VV Vorb. 3 Abs. 2) erhält der Anwalt auch hier zunächst einmal die Verfahrensgebühr nach VV 3100, die sich grundsätzlich auf 1,3 beläuft.
Rz. 63
Hinsichtlich der Ehesache entsteht für den Antragsteller die volle Gebühr mit Einreichung des Scheidungsantrags.
Rz. 64
Für den Versorgungsausgleich bedarf es noch nicht einmal eines Antrags, da das Verfahren über den Versorgungsausgleich mit Einreichung des Scheidungsantrags von Amts wegen eröffnet ist (§ 137 Abs. 2 S. 2 FamFG).
Rz. 65
Der Gegenstandswert der 1,3-Verfahrensgebühr bemisst sich nach dem Wert der Ehesache sowie sämtlicher im Verlauf des Verfahrens anhängig gemachter Folgesachen (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG).
Rz. 66
In Folgesachen, die Amtsverfahren sind, wie z.B. das Verfahren über den Versorgungsausgleich, sind Anträge nicht erforderlich. Werden sie gestellt, handelt es sich der Sache nach um "Anregungen". Dennoch lösen sie die volle Verfahrensgebühr aus, zumal bereits ein Schriftsatz mit Sachvortag ausreicht (arg. e. VV 3101 Nr. 1). Spätestens wird die volle Verfahrensgebühr hier durch die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin ausgelöst.
Rz. 67
Da ein Gegenantrag zur Ehesache nicht erforderlich ist, genügt für den Anwalt des Antragsgegners die Zustimmung zum Scheidungsantrag, um die volle Verfahrensgebühr auszulösen. Ebenso reicht es aus, wenn der Rechtsanwalt des Antragsgegners einen Schriftsatz mit Sachvortrag einreicht.
b) Ermäßigte Verfahrensgebühr
aa) Überblick
Rz. 68
Die Verfahrensgebühr ermäßigt sich auf 0,8 bei
▪ |
vorzeitiger Beendigung des Auftrags, bevor der Rechtsanwalt den das Verfahren einleitenden Antrag oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag, die Zurücknahme des Antrags enthält, eingereicht oder bevor er einen gerichtlichen Termin wahrgenommen hat (VV 3101 Nr. 1), |
▪ |
Verhandeln bzw. Erörtern nicht anhängiger Gegenstände (VV 3101 Nr. 2, 1. Alt.). |
▪ |
Protokollierung einer Einigung der Beteiligten (VV 3101 Nr. 2, 2. Alt.). |
Rz. 69
Eine Ermäßigung nach VV 3101 Nr. 3 ist im Verbundverfahren nicht möglich (Anm. Abs. 2 zu VV 3100).
Rz. 70
Möglich ist, dass sich die gesamte Verfahrensgebühr ermäßigt. Dieser Fall dürfte allerdings nur in der Variante der VV 3101 Nr. 1 vorkommen.
Rz. 71
Im Übrigen ist es auch möglich, dass aus der Ehesache und gegebenenfalls einem Teil der Folgesachen die volle Verfahrensgebühr entsteht, während aus anderen Folgesachen oder weiteren Gegenständen die ermäßigte Verfahrensgebühr anfällt.
bb) Nur ermäßigte Verfahrensgebühr nach VV 3101 Nr. 1
Rz. 72
Die Verfahrensgebühr ermäßigt sich nach VV 3101 Nr. 1 auf 0,8 bei vorzeitiger Erledigung oder Beendigung des Auftrags, bevor der Rechtsanwalt den das Verfahren einleitenden Antrag oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag, die Zurücknahme des Antrags enthält, eingereicht oder bevor er einen gerichtlichen Termin wahrgenommen hat (VV 3101 Nr. 1).
cc) Volle Verfahrensgebühr und ermäßigte Verfahrensgebühr nach VV 3101 Nr. 1
Rz. 73
Möglich ist, dass die Verfahrensgebühr zum Teil in voller Höhe und zum Teil nur in ermäßigter Höhe nach VV 3101 Nr. 1 entsteht.
Rz. 74
Ein solcher Fall ist zum einen dann gegeben, wenn hinsichtlich einzelner Folgensachen eine vorzeitige Erledigung eingetreten ist. Dann entsteht aus dem Wert der Ehesache und gegebenenfalls auch einzelner Folgesachen die volle 1,3-Verfahrensgebühr, während aus dem Wert anderer Folgesachen nur die ermäßigte Verfahrensgebühr anfällt. Zu beachten ist dann § 15 Abs. 3. Insgesamt darf der Anwalt nicht mehr abrechnen als eine 1,3-Verfahrensgebühr aus dem Gesamtwert.
Beispiel: Der Anwalt hat für den Ehemann die Scheidung beantragt und die Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingereicht. Später erhält er den Auftrag, Zugewinn in Höhe von 20.000 EUR als Folgesache anhängig zu machen. Dazu kommt es jedoch nicht mehr, da der Scheidungsantrag insgesamt zurückgenommen wird. Das Gericht setzt den Verfahrenswert auf 7.200 EUR fest (Ehesache 6.000 EUR; Versorgungsausgleich 1.200 EUR).
Der Anwalt erhält jetzt die volle 1,3-Verfahrensgebühr aus 7.200 EUR und die ermäßigte 0,8-Verfahrensgebühr aus dem Wert von 20.000 EUR, jedoch nicht mehr als 1,3 aus 27.200 EUR.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
652,60 EUR |
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(Wert: 7.200 EUR) |
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2. |
0,8-Verfahrensgebühr, VV 3100, 3101 |
657,60 EUR |
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(Wert: 20.000 EUR) |
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gem. 15 Abs. 3 nicht mehr als 1,3 aus 27.200 EUR |
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1.241,50 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.261,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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239,69 EUR |
Gesamt |
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1.501,19 EUR |
Beispiel: Der Ehemann hatte die Scheidung beantragt. Der Anwalt der Ehefrau hat in deren Namen der Scheidung zugestimmt und die Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingereicht. Später reicht der Ehemann die Folgesache Güterrecht ein und beantragt, die Ehefrau zu verpflichten, Zugewinn in Höhe von 20.000 EUR zu zahlen. Der Anwalt der Ehefrau bestellt sich, ohne bereits einen Antrag zu stellen. ...