Rz. 197
Mit Ausnahme des Versorgungsausgleichs können die Ehegatten wählen, ob sie die Sache als Folgesache im Verbund anhängig machen oder nach Abschluss des Verfahrens als isoliertes Verfahren. Mitunter versuchen Gerichte, die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein isoliertes Verfahren mit der Begründung abzulehnen, der Sache hätte zuvor kostengünstiger im Verbundverfahren geltend gemacht werden können. Die getrennte Rechtsverfolgung sei mutwillig. Diese Betrachtung ist jedoch aus mehreren Gründen unzutreffend.
Rz. 198
Zum einen lässt sich von Vornherein gar nicht sagen, welcher Weg der kostengünstigere ist. Zutreffend ist zwar, dass aufgrund der Gebührendegression insgesamt geringere Anwaltsgebühren anfallen, wenn die Zugewinnsache als Folgesache im Verbund anhängig gemacht wird. Auch die Gerichtskosten sind deutlich geringer, da im isolierten Verfahren eine gesonderte 3,0-Gebühr nach Nr. 1220 KV FamGKG erhoben wird. Als Folgesache fällt dagegen nur eine 2,0-Gebühr nach Nr. 1110 KV FamGKG an, die sich zudem aus dem Gesamtwert des Scheidungsverfahrens (§ 44 Abs. 1 FamGKG) berechnet, so dass sich hier auch noch die Gebührendegression erheblich auswirkt. Auf der anderen Seite muss aber auch die Kostenerstattung berücksichtigt werden. Ist der Zugewinngläubiger mit seinem Antrag erfolgreich, dann erhält er im isolierten Zugewinnverfahren nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. §§ 91 ff. ZPO einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Antragsgegner. Das bedeutet, dass seine Anwaltskosten im Obsiegensfall u.U. ganz oder überwiegend erstattet werden. Gleiches gilt aber auch für die Gerichtsgebühr und die Sachverständigenkosten. Diese hat der Antragsgegner grundsätzlich in vollem Umfang zu tragen, wenn er im isolierten Zugewinnverfahren unterliegt, während diese Kosten im Zugewinnverfahren grundsätzlich geteilt werden (§ 150 Abs. 1 FamFG).
Rz. 199
Unabhängig von dem Kostenargument soll die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe eine Gleichstellung unbemittelter und bemittelter Rechtsuchender gewährleisten. Ein selbst zahlender Beteiligter würde aber auch nicht zwingend den Zugewinn im Verbund geltend machen. Er kann vielmehr gute Gründe dafür haben, den Zugewinn isoliert geltend zu machen. Ein Argument kann – wie bereits ausgeführt – die Frage der Kostenerstattung sein. Während im Verbundverfahren die Kosten auch der Folgesachen grundsätzlich gegeneinander aufgehoben werden (§ 150 Abs. 1 FamFG), gelten in Verfahren auf Zugewinnausgleich als Familienstreitsachen die Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG). Soweit der Zugewinngläubiger mit seinem Anspruch durchdringt, muss also der Gegner nicht nur seine Anwaltskosten zahlen, sondern die oft auch hohen Sachverständigenkosten und – auch nicht zu vergessen – auch die Parteikosten (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO).
Rz. 200
Ein weiterer Vorteil getrennten Vorgehens kann z.B. darin liegen, dass das Scheidungsverfahren nicht durch eine langwierige Folgesache zum Güterrecht verzögert wird, so dass sich damit die Scheidung hinausschiebt und gegebenenfalls Trennungsunterhalt länger zu zahlen sein wird.
Rz. 201
Auch tritt eine frühere Verzinsung des Zugewinnausgleichsanspruchs ein. Ist eine Ehe einmal geschieden, ist der Anspruch auf Zugewinnausgleich entstanden und bei entsprechender Mahnung oder Rechtshängigkeit ab sofort zu verzinsen, während der Zugewinnausgleich im Verbund erst ab Rechtskraft der Scheidung zu verzinsen ist.
Rz. 202
Für ein getrenntes Vorgehen kann zudem sprechen, dass mit Rechtskraft der Scheidung die Möglichkeit besteht, eine Teilungsversteigerung gemeinsamer Immobilien zu betreiben.
Rz. 203
Schon gar nicht mutwillig kann es sein, wenn lediglich ein isolierter Auskunftsanspruch geltend gemacht wird, da dieser gar nicht verbundfähig ist.
Rz. 204
Konsequenterweise lehnt die ganz herrschende Auffassung eine Mutwilligkeit ab, wenn ein bedürftiger Beteiligter den Zugewinnausgleich gesondert verfolgen will. Nur bei "krassen Ausnahmen" soll etwas anderes gelten, wobei unklar ist, was unter einer krassen Ausnahme zu verstehen sein soll.
Rz. 205
Nach Auffassung des OLG Brandenburg soll die isolierte Geltendmachung eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich mutwillig sein, wenn 20 Tage zuvor im Scheidungstermin der Antrag zur Folgesache über den Zugewinnausgleich, für die Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden war, zurückgenommen worden ist und dann später erneut gestellt wird.
Rz. 206
Nach Auffassung des OLG Rostock soll die Verfolgung eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich im isolierten Verfahren statt im Scheidungsverbund nicht bereits die Versagung von Verfahrenskostenhilfe wegen Mutwilligkeit rechtfertigen. Die Frage der pflichtwidrigen Verursachung vermeidbarer Kosten soll erst im Festsetzungsverfahren zu prüfen sein. Das dürfte allerdings unzutreffend sein, weil die Frage, ob ein Vorgehen mutwillig ist, bereits im Rahmen des Bewilligungsverfahrens zu prüfen ist (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 114 Abs. 1 ZP...