Leitsatz

Die Erhöhung des vereinbarten Erbbauzinses ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auch dann möglich, wenn der Grundstückswert seit der letzten Zinserhöhung nicht in dem in einem vor In-Kraft-Treten der ErbbauVO vereinbarten Maß gestiegen ist.

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte der Beklagten ein Erbbaurecht an einem mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück bestellt. Der Erbbauzins sollte jährlich 6 % des Grundstückswertes betragen. Eine Änderung der Zinshöhe sollte möglich sein, wenn sich der Grundstückswert um mindestens 5 % ändert, im übrigen mussten zwischen den Änderungen mindestens 5 Jahre als Zeitabstand liegen. Der Grundstückswert hatte sich seit der letzten Zinsanpassung nicht verändert, jedoch war der für die Berechnung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse maßgebende Index stark gestiegen.

 

Entscheidung

Zunächst bedarf die Erbbauzinserhöhungsklausel nicht einer Genehmigung nach § 3 WährG, denn seit dem 1.1.1999 gilt § 2 des Preisangaben- und Preisklauselgesetzes. Die hier verwendete Zinserhöhungsklausel ist nach § 1 Nr. 4 dieser Vorschrift überdies genehmigungsfrei.

Die zwischen den Parteien getroffene Regelung bedarf im Hinblick auf die nach Vertragsabschluss in Kraft getretene Regelung des § 9a ErbbauVO einer ergänzenden Vertragsauslegung. Die vorzunehmende Vertragsauslegung ergibt, dass eine Zinserhöhung auch dann vorzunehmen ist, wenn zwar der Grundstückswert seit der letzten Erhöhung nicht gestiegen ist, aber die letzte Erhöhung nach § 9a ErbbauVO auf die seit dem Vertragabschluss eingetretene Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse begrenzt und daher die an sich mögliche Erhöhung des Erbbauzinses auf 6 % des Grundstückswertes nicht zulässig war, sofern der tatsächliche Grundstückswert bei Beginn der jetzt verlangten Erhöhung den anhand des letztmalig erhöhten Zinses zu errechnenden fiktiven Grundstückswert um wenigstens 5 % übersteigt. Die Klägerin kann nach dem Sinn und Zweck der vertraglichen Regelung bei einem ausbleibenden Anstieg des Grundstückswertes nicht an dem Betrag festgehalten werden, den die Beklagten seit der letzten Erhöhung schulden.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 06.10.2006, V ZR 20/06

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