Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG, § 421 BGB
Kommentar
1. Soll ein Wohnungseigentumsgrundstück an die öffentliche Kanalisation angeschlossen und sollen die Eigentümer zu weiteren, das gemeinschaftliche Eigentum betreffenden Maßnahmen verpflichtet werden (hierzu vgl. unter 4), so muss der dahingehende, auf die gemeindliche Entwässerungssatzung gestützte Verwaltungsakt jedenfalls dann an alle Miteigentümer gemeinsam gerichtet werden, wenn die Entwässerungssatzung keine entsprechende Rechtspflicht auch jedes einzelnen Miteigentümers festsetzt. Ob die Gemeinde eine solche, die einzelnen Miteigentümer verpflichtende Regelung in der Satzung treffen darf, bleibt offen. Miteigentümer können also nach der speziellen städtischen Entwässerungssatzung zur Erfüllung der Anschlusspflicht und zu allen sonstigen, das Grundstück und die auf ihm befindlichen Anlagen betreffenden Verpflichtungen nur gemeinschaftlich verpflichtet werden.
Daraus folgt, dass es sich bei den hier streitigen Verpflichtungen der Eigentümer um eine gemeinschaftliche Schuld handelt, die auch nur von allen Miteigentümern gemeinsam erbracht werden kann, also nicht um eine Gesamtschuld (im Sinne des § 421 BGB), bei der der Gläubiger (die Gemeinde) die Erfüllung von jedem der Schuldner verlangen könnte. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn durch öffentlich-rechtliche Sonderregelungen eine neben die gemeinschaftliche Verpflichtung der Miteigentümer tretende Verpflichtung auch der einzelnen Eigentümer begründet sein sollte (wie hier nicht).
Waren also Miteigentümer nur gemeinschaftlich verpflichtet, so musste die auf die Erfüllung dieser Verpflichtung gerichtete Verfügung (Verwaltungsakt) auch notwendigerweise gegenüber allen Miteigentümern gemeinsam ergehen (durch Zustellung an den Verwalter gem. § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG); insoweit gilt hier nichts anderes, als bei einer wegen einer auf das gemeinschaftliche Eigentum gerichteten Verpflichtung der Wohnungseigentümer gegen diese gerichteten Klage; eine solche Klage muss ebenfalls gegen alle Wohnungseigentümer gemeinsam in notwendiger Streitgenossenschaft geführt werden ( BGH, Urteil v. 26.10.1990, V ZR 105/89).
Die insoweit früher vertretene Auffassung des Senats, dass solche Verpflichtungen auch durch Verwaltungsakt gegenüber einem einzelnen Miteigentümer festgesetzt und nach Erlass von Duldungsverfügungen gegen die übrigen Miteigentümer auch im Vollstreckungswege durchgesetzt werden könnten, sei damit nicht mehr aufrechtzuerhalten.
2. Für den Erlass von Duldungsverfügungen, mit denen nicht zur Vornahme der verlangten Maßnahme herangezogene Miteigentümer zur Duldung der Durchführung der Maßnahmen durch andere Miteigentümer verpflichtet werden sollten, fehlt - wie schon vorerwähnt - jedenfalls dann eine Rechtsgrundlage, wenn die Entwässerungssatzung für die einzelnen Miteigentümer keine Rechtspflicht zum Handeln begründet (ebenfalls Aufgabe der früheren Senatsrechtsprechung).
3. Bei Verfügungen der Gemeinde, mit denen aus einer den Anschluss- und Benutzungszwang regelnden Satzung resultierende Verpflichtungen durchgesetzt werden sollen, handelt es sich nicht um Ordnungsverfügungen, sondern um Verwaltungsakte, die das Benutzungsverhältnis bezüglich einer öffentlichen Einrichtung regelt.
4. Die Bestimmung einer Entwässerungssatzung, dass Grundstücksentwässerungsanlagen, die nach dem Anschluss des Grundstücks an die gemeindliche Kanalisation nicht mehr benötigt werden, zu reinigen, zu beseitigen oder zu verfüllen sind, ist mangels Ermächtigungsgrundlage unwirksam (Bestätigung bisheriger Senatsrechtsprechung).
5. Das Verlangen, ein bebautes Grundstück an den gemeindlichen Kanal anzuschließen, ist nicht deshalb unverhältnismäßig, weil der Bauherr, um die Bebauung schon vor der anstehenden Herstellung des öffentlichen Kanals verwirklichen zu können, erhebliche Kosten in die Anlegung einer Grundstücksentwässerungsanlage investiert hat, die nach dem Anschluss ihre Funktion verliert (ebenfalls Bestätigung bisheriger Senatsrechtsprechung).
Link zur Entscheidung
( OVG für das Land NRW, Urteil vom 07.03.1994, 22 A 753/92= WM 7/1994, 406)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer