Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschluss von Grundstück, das im Miteigentum einer Eigentümergemeinschaft steht, an öffentliche Kanalisation
Leitsatz (amtlich)
1. Sollen ein Grundstück, das im Miteigentum einer Eigentümergemeinschaft steht, an die öffentliche Kanalisation angeschlossen und die Eigentümer zu weiteren, das gemeinschaftliche Eigentum betreffenden Maßnahmen verpflichtet werden, so muß der dahingehende, auf die gemeindliche Entwässerungssatzung gestützte Verwaltungsakt jedenfalls dann an alle Miteigentümer gemeinsam gerichtet werden, wenn die Entwässerungssatzung keine entsprechende Rechtspflicht auch jedes einzelnen Miteigentümers festsetzt. Ob die Gemeinde eine solche, die einzelnen Miteigentümer verpflichtende Regelung in der Satzung treffen darf, bleibt offen.
2. Für den Erlaß von Duldungsverfügungen, mit denen nicht zur Vornahme der verlangten Maßnahmen herangezogene Miteigentümer zur Duldung der Durchführung der Maßnahmen durch andere Miteigentümer verpflichtet werden sollen, fehlt jedenfalls dann eine Rechtsgrundlage, wenn die Entwässerungssatzung für die einzelnen Miteigentümer keine Rechtspflicht zum Handeln begründet.
(Zu 1. und 2.: Aufgabe der früheren Rechtsprechung des Senats).
3. Bei Verfügungen der Gemeinde, mit denen aus einer den Anschluß- und Benutzungszwang regelnden Satzung resultierende Verpflichtungen durchgesetzt werden sollen, handelt es sich nicht um Ordnungsverfügungen, sondern um Verwaltungsakte, die das Benutzungsverhältnis bezüglich einer öffentlichen Einrichtung regeln.
(Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung des Senats).
4. Die Bestimmung einer Entwässerungssatzung, daß Grundstücksentwässerungsanlagen, die nach dem Anschluß des Grundstücks an die gemeindliche Kanalisation nicht mehr benötigt werden, zu reinigen, zu beseitigen oder zu verfüllen sind, ist mangels Ermächtigungsgrundlage unwirksam.
5. Das Verlangen, ein bebautes Grundstück an den gemeindlichen Kanal anzuschließen, ist nicht deshalb unverhältnismäßig, weil der Bauherr, um die Bebauung schon vor der anstehenden Herstellung des öffentlichen Kanals verwirklichen zu können, erhebliche Kosten in die Anlegung einer Grundstücksentwässerungsanlage investiert hat, die nach dem Anschluß ihre Funktion verliert.
Verfahrensgang
VG Köln (Aktenzeichen 9 K 4260/89) |
Tenor
Die Kläger sind neben weiteren Personen Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Das Wohnhaus, an dem sie Miteigentum haben, wurde vor der endgültigen Fertigstellung des gemeindlichen Abwasserkanals errichtet und mit einer Kleinkläranlage ausgestattet. Die Baugenehmigung enthielt u. a. die – mit der entsprechenden Regelung der Entwässerungssatzung der Gemeinde (EWS) inhaltlich übereinstimmende – Auflage, nach Ausbau des städtischen Kanals, die Kleinkläranlage „außer Betrieb zu setzen, zu reinigen, zu verfüllen oder auf Verlangen der Stadt zu beseitigen.”
Nach Ausbau des Kanals forderete der Beklagte mit gesonderten, auf die Entwässerungssatzung gestützten Verfügungen jeden einzelnen der Kläger auf, die in der Auflage zur Baugenehmigung genannten Maßnahmen durchzuführen. Gegen die übrigen Miteigentümer ergingen keine entsprechenden Verfügungen.
Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hat das VG abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger wurden die Verfügungen des Beklagten aufgehoben.
Gründe
Die zulässige Berufung ist begründet. Die angefochtenen Verfügungen sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten.
Die Rechtswidrigkeit folgt daraus, daß der Beklagte die Kläger jeweils einzeln für Handlungen in Anspruch genommen hat, zu denen sie als Einzelne weder verpflichtet noch rechtlich in der Lage sind.
Grundlage des Verlangens des Beklagten, das Haus, an dem die Kläger Miteigentum besitzen, unter Ausschaltung der Kleinkläranlage vollständig an den Kanal anzuschließen und bezüglich der Kleinkläranlage die in der Verfügung genannten Maßnahmen zu treffen, ist die EWS der Stadt B. Die in dieser Satzung geregelten Anschlußverpflichtungen (§ 5) und Verpflichtungen zur Beseitigung nicht mehr benötigter Grundstückskläreinrichtungen (§ 8 Abs. 5, § 11 Abs. 7) treffen den jeweiligen Grundstückseigentümer bzw. den „Anschlußnehmer”, bei dem es sich ebenfalls um den Grundstückseigentümer handelt (vgl. § 2 EWS).
Soweit es sich bei dem Grundstückseigentümer – wie hier – um eine Wohungseigentümergemeinschaft handelt, können die Miteigentümer nach der EWS der Stadt B. zur Erfüllung der Anschlußpflicht und zu allen sonstigen das Grundstück und die auf ihm befindlichen Anlagen betreffenden Verpflichtungen nur gemeinschaftlich verpflichtet werden.
Die Pflichten, um die es vorliegend geht, betreffen das gemeinschaftliche Eigentum und nicht nur das jeweilige Sondereigentum (Wohnungseigentum). Über ihre Erfüllung kann deshalb von den Miteigentümern grundsätzlich nur gemeinschaftlich nach den Regeln des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) entschieden werden. Da bei der Erfüllung des Anschlußverlangens und des Verlangens nach der Beseitigung der Kleinkläranlage kein Fall ...