Leitsatz
Rechtskräftig geschiedene Eheleute lebten im Güterstand der Gütergemeinschaft, die noch nicht auseinandergesetzt war. Der Ehefrau waren diverse Grundstücke von ihren Eltern übertragen worden. Sie verlangte Herausgabe dieser Grundstücke von dem geschiedenen Ehemann.
Sachverhalt
Die Parteien sind rechtskräftig geschiedene Eheleute. Sie haben gemäß Ehe- und Erbvertrag vom 15.11.1989 im Güterstand der Gütergemeinschaft gelebt, die noch nicht auseinandergesetzt ist.
Mit notariellem Übergabevertrag vom 15.11.1989 hatten die Eltern der Klägerin dieser ihr landwirtschaftliches Anwesen, zu dem die streitgegenständlichen Grundstücke gehörten, übertragen. Auf den betroffenen Grundstücken lastende Verbindlichkeiten bestanden entweder nicht mehr oder waren unter Entlassung des Beklagten aus der gesamtschuldnerischen Mithaftung von der Klägerin allein übernommen worden.
Sonstige vor der Auseinandersetzung aus dem Gesamtgut zu befriedigende Verbindlichkeiten waren nicht ersichtlich.
Die Klägerin begehrte die Übernahme des ihr von ihren Eltern übertragenen Grundbesitzes, dessen Wert sie mit 300.000,00 EUR bezifferte.
Der Beklagte hat den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch anerkannt, sich jedoch unter Hinweis auf einen ihm zustehenden Anspruch auf Wertersatz auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen.
Das FamG hat mit Endurteil vom 3.11.2005 dem Klageantrag uneingeschränkt stattgegeben.
Hiergegen hat der Beklagte Berufung eingelegt, mit der er keinen Erfolg hatte.
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach der Klägerin der von ihr geltend gemachte Übernahmeanspruch zustand.
Sie könne nach Beendigung der Gütergemeinschaft durch die seit dem 1.3.2005 rechtskräftige Scheidung bereits vor der endgültigen Auseinandersetzung des Gesamtguts die mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erworbenen Grundstücke gemäß § 1477 Abs. 2 S. 2 BGB herausverlangen, da diese weder einem Dritten herauszugeben seien noch zur Tilgung von Gesamtverbindlichkeiten benötigt würden (vgl. hierzu BGH FamRZ 1986, 883; FamRZ 1988, 926; OLG München FamRZ 1996, 170; Staudinger/Thiele, BGB, 1. Aufl. 2000, § 1477 Rz. 19; Palandt/Brudermüller, BGB, 65. Aufl., § 1477, Rz. 3).
Ein etwaiger Auseinandersetzungsanspruch eines Ehegatten zähle nicht zu den Verbindlichkeiten i.S.d. § 1475 Abs. 3 BGB.
Soweit noch Verbindlichkeiten auf den Grundstücken lasteten, habe die Klägerin diese wirksam als alleinige Schuld übernommen, so dass es auch insoweit der Umsetzung des Gesamtguts in Geld nicht bedürfe. Sonstige Gesamtgutverbindlichkeiten seien nicht vorgetragen.
Das erstinstanzliche Gericht habe auch nicht verkannt, dass die Übernahme gegen "Ersatz des Wertes" der übernommenen Gegenstände zu erfolgen habe, wobei im vorliegenden Fall der Verkehrswert der betroffenen Grundstücke anzusetzen sei. Es sei jedoch in Übereinstimmung mit der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur davon auszugehen, dass Wertersatz in dieser Höhe auch dann nicht durch Zahlung an das Gesamtgut zu leisten sei, wenn das Übernahmerecht aus § 1477 Abs. 2 BGB vor der Teilung des übrigen Gesamtgutes ausgeübt werde, sondern dass vielmehr gemäß § 1476 Abs. 2 S. 1 BGB eine Verrechnung mit dem Anteil des übernehmenden Ehegatten an den Überschuss, der sich nach Hinzurechnung des Wertersatzes ergebe, vorzunehmen sei (BGH FamRZ 1988, 926; OLG München a.a.O.; OLG Nürnberg FamRZ 1999, 854; OLG Zweibrücken OLGR 2004, 630; Staudinger/Thiele, a.a.O., Rz. 17; Palandt/Brudermüller, a.a.O., Rz. 5).
Da keine Zahlung in Höhe des Verkehrswertes aus herausverlangten Grundstücken zu leisten sei, bestehe auch insoweit kein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten.
Gegenstand eines Zurückbehaltungsrechts könne vielmehr nur dessen Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens sein. Eine Bezifferung dieses Anspruchs sei in erster Instanz jedoch nicht erfolgt.
Der Wert des Gesamtgutes und damit auch der Umfang des zu verteilenden Überschusses habe offen bleiben müssen, da abgesehen von den unterschiedlichen Behauptungen der Parteien zum maßgeblichen Verkehrswert der betroffenen Grundstücke umfassende Angaben zu den übrigen Vermögensgegenständen fehlten.
Es hätte dem Beklagten als demjenigen, der eine Einrede erhoben habe, oblegen, die Voraussetzungen hierfür darzulegen und ggf. zu beweisen. Der Beklagte habe sich jedoch trotz des Hinweises der Klägerin und des Gerichts, wonach es einer näheren Bezifferung bzw. Darlegung des geltend gemachten Gegenrechts bedürfe, damit begnügt, eine Verurteilung nur "Zug-um-Zug gegen Wertersatz" zu fordern, ohne diesen beziffert zu belegen.
Über sämtliche noch strittige Positionen wäre Beweis zu erheben gewesen. Von einer Beweisaufnahme ausschließlich zu dem umstrittenen Verkehrswert der Grundstücke habe das erstinstanzliche Gericht zu Recht abgesehen, da damit noch keine Aussage zur Höhe eines etwaigen Auseinandersetzungsguthabens des Beklagten hätte getroffen werden können.
Da es an der gebotenen Bezifferung des Gegenanspruchs gefehlt habe...