Leitsatz
Zu den von dem Unterhaltsverpflichteten auszugleichenden finanziellen Nachteilen des Unterhaltsberechtigten aufgrund der Zustimmung zum steuerlichen Realsplitting können im Einzelfall auch die Kosten für die Beauftragung eines Steuerberaters gehören, wenn der Unterhaltsverpflichtete zuvor eine Freistellungserklärung des Inhalts abgegeben hat, dass der Unterhaltsberechtigte - hier eine in steuerlichen Dingen unerfahrene Hausfrau - in der von ihm zu fertigenden Einkommenssteuererklärung sämtliche Steuervorteile auszuschöpfen habe.
Sachverhalt
Die Parteien waren miteinander verheiratet. Der Ehemann zahlte zunächst Trennungs- und sodann nachehelichen Unterhalt. Er verlangte von der Ehefrau die Zustimmung zum begrenzten Realsplitting nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG und gab auf entsprechende Anforderung der Ehefrau eine Erklärung ab, in der er sich verpflichtete, sie von allen durch die Zustimmung zum begrenzten Realsplitting steuerlichen Nachteilen freizustellen. In seiner Erklärung führte er an, diese Freistellung gelte nur für solche steuerlichen Nachteile, die seine geschiedene Ehefrau nicht selbst verschulde. Sie habe in ihren Erklärungen gegenüber dem Finanzamt alle Steuervorteile auszunutzen.
Die Ehefrau machte ihre Zustimmung zum begrenzten Realsplitting daraufhin davon abhängig, dass der Ehemann ihr auch die Kosten für die Einschaltung eines Steuerberaters bei der Abgabe ihrer Einkommenssteuererklärung erstattet. Dies wurde von ihm abgelehnt mit dem Hinweis, sie könne sich vom Finanzamt beraten lassen. Seiner erneuten Aufforderung, die Zustimmung zum gegrenzten Realsplitting zu erteilen, kam die Ehefrau nicht nach. Der Ehemann nahm sie in der Folgezeit auf Schadensersatz in Anspruch mit der Begründung, infolge ihrer Weigerung habe er für den Zeitraum von 1982 bis 1984 insgesamt DM 6870 höhere Steuern sowie Verspätungszuschläge zahlen müssen.
Das Amtsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Auf die Berufung der Ehefrau hat das OLG das amtgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die von dem Ehemann hiergegen eingelegte Revision war ohne Erfolg.
Entscheidung
Ein Schadensersatzanspruch des Ehemannes wurde mit der Begründung verneint, die Ehefrau habe ihre aus § 242 BGB abzuleitende unterhaltsrechtliche Nebenpflicht zur Zustimmung zum begrenzten Realsplitting nicht verletzt. Diese Pflicht bestehe nur dann, wenn gewährleistet sei, dass dem Unterhaltsberechtigten der ihm zustehende Nettounterhalt im Ergebnis ungeschmälert verbleibe. Dies sei nicht der Fall, wenn sie hiervon auch noch die Kosten eines Steuerberaters tragen müsse, dessen Vergütung aus dem laufenden Unterhalt ihr nicht zuzumuten gewesen sei.
Zwar sei es im allgemeinen nicht notwendig, dass der Unterhaltsberechtigte sich vor Erteilung der Zustimmung zum begrenzten Realsplitting zunächst an einen Steuerberater wende oder einen solchen im Zuge der Steuerveranlagung einschalte. Dies sei im vorliegenden Fall jedoch in soweit anders, als der Ehemann von der Ehefrau die Ausschöpfung "sämtlicher Steuervorteile" verlangt und seine Freistellungserklärung eingeschränkt habe. Unter diesen Umständen sei die in geschäftlichen und steuerrechtlichen Angelegenheiten unerfahrene Ehefrau berechtigt gewesen, sich an einen Steuerberater zu wenden und ihre Zustimmung zum begrenzten Realsplitting davon abhängig zu machen, dass der Ehemann ihr die hierdurch entstehenden Kosten ausgleiche.
Zu den finanziellen Nachteilen bei Zustimmung zum steuerlichen Realsplitting gehörten in erster Linie die Steuerbelastung oder Steuermehrbelastung, die sich für den Unterhaltsberechtigten aus der Besteuerung der erhaltenen Unterhaltszahlungen ergibt. Von dieser Einkommenssteuerschuld habe der Unterhaltsverpflichtete den Unterhaltsberechtigten freizustellen. Von einer entsprechenden Verpflichtung zum Ausgleich sonstiger Nachteile könne der Unterhaltsberechtigte seine Zustimmung nur abhängig machen, wenn er diese Nachteile im Einzelfall substantiiert darlegt. Entscheidendes Kriterium hierbei sei, ob ihm die Zustimmung zum Realsplitting ohne die Aufwendung der jeweiligen Kosten zugemutet werden könne.
Im vorliegenden Fall sei aufgrund der Unerfahrenheit der Ehefrau in geschäftlichen und steuerlichen Dingen einerseits sowie der Zerstrittenheit der Parteien andererseits davon auszugehen, dass sie berechtigt gewesen sei, sich an einen Steuerberater zu wenden und ihre Pflicht zur Mitwirkung beim Realsplitting zu verneinen, solange der Ehemann die Übernahme der Steuerberaterkosten verweigere.
Hinweis
Die familienrechtliche Mitwirkungspflicht des Unterhaltsberechtigten ergibt sich aus § 242 BGB. Sie besteht auch dann, wenn zweifelhaft ist, ob die steuerlich geltend gemachten Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach als Unterhaltsleistungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG anerkannt werden. Ein Anspruch des Unterhaltsverpflichteten auf Unterzeichnung der "Anlage U" zur Einkommenssteuererklärung besteht nicht. Finanzielle Nachteile, die auszugleichen sind, sind ...