Normenkette

§ 21 Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 2 WEG, §§ 705ff. BGB

 

Kommentar

1. Eine entsprechende Anwendung des § 22 Abs. 2 WEG auf den wegen Vermögensverfalls des Bauträgers steckengebliebenen Bau der Wohnanlage kommt nur in Betracht, wenn die Käufer der Wohnungen mit dem Bauträger schon eine werdende Eigentümergemeinschaft bilden. Dazu ist erforderlich, dass eine Teilungserklärung vorliegt, der Anspruch der Käufer auf Erwerb einer Wohnung durch eine Auflassungsvormerkung gesichert ist und dass Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr auf die Erwerber übergegangen sind (BayObLG Z 1990, 101/102; 1991, 150/152). Im Vorfeld der werdenden Gemeinschaft konnten Käufer möglicherweise nur eine bürgerlich-rechtliche Gesellschaft nach § 705 BGB gründen. Für jedes Geschäft wäre dann gemäß § 709 Abs. 1 BGB die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich gewesen, insbesondere auch für die etwaige Beauftragung eines Rechtsanwaltes für Angelegenheiten der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft.

2. Es entspricht in der Regel nicht ordnungsgemäßer Verwaltung (bei vorgenommener und angefochtener Beschlussfassung nach WEG), wenn eine Gruppe von Wohnungseigentümern nach Entstehung der Eigentümergemeinschaft beschließt, dass ein von ihr während der Bauphase beauftragter Rechtsanwalt rückwirkend als von allen Eigentümern honorarpflichtig beauftragt anzusehen sein soll, wenn andere Wohnungseigentümer (eine Minderheitengruppe) von Anfang an klargestellt hatten, dass sie nicht von diesem Anwalt (sondern von einem anderen beauftragten Anwalt) vertreten sein wollten. Insoweit kann auch nicht bei der Beauftragung eines Anwalts durch Eigentümermehrheitsbeschluss von einer Notgeschäftsführungsmaßnahme nach § 21 Abs. 2 WEG gesprochen werden. Überdies entspricht ein Mehrheitsbeschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 3 WEG, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwaltes auch Gegenstände umfasste, die zumindest teilweise nicht zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörten (hier: Verfolgungsmaßnahmen hinsichtlich Innentür-, Maler- und Teppichbödenrestarbeiten).

Auch eine ungerechtfertigte Bereicherung der beschlussanfechtenden Antragsteller dürfte nicht vorliegen (außerhalb des ungültigen Eigentümerbeschlusses), weil diese ihrerseits einen Anwalt zu honorieren hatten und ihre weitere Beteiligung an den Kosten des beschlussbeauftragten Anwaltes darauf hinausliefe, dass sie für die Fertigstellung des Bauwerkes die Kosten für zwei Rechtsanwälte zu tragen hätten.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 20.02.1992, BReg 2 Z 159/91)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Rechtlich ist dieses Entscheidungsergebnis sicher nicht zu beanstanden, auch wenn dem Senat nach Sachverhalt nicht verborgen geblieben sein dürfte, dass in diesem konkreten Fall die Eigentümermehrheit den Eindruck haben musste, dass sich letztendlich eine Minderheit bei den erfolgreichen Fertigstellungsbemühungen des von der Mehrheit beauftragten Anwaltes sozusagen wie Trittbrettfahrer verhielten. Trotz möglicher doppelter Honorarzahlungspflicht: Der durch Beschluss beauftragte Anwalt soll die Fertigstellung der Gesamtanlage (Gemeinschaftseigentum wie Sondereigentum) durch seine Beratung und Vertretung im Interesse der gesamten Gemeinschaft so gut wie ausschließlich allein bewirkt haben, was vielleicht entscheidender berücksichtigt hätte werden können. Mit etwaigen diskussionswürdigen Ansprüchen aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag hat sich der Senat allerdings nicht beschäftigt.

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