Leitsatz
Die Entscheidung des BGH beschäftigt sich u.a. mit der Frage, ob und nach welchem Recht eine unverheiratete Mutter Unterhaltsansprüche gegen den in Österreich lebenden Vater geltend machen kann, nachdem sie mit dem gemeinsamen Kind nach Deutschland gezogen ist. Es ging um den von der Kindesmutter geltend gemachten Betreuungsunterhalt für den im April 2007 geborenen gemeinsamen Sohn und die unterhaltsrechtliche Funktion des Elterngeldes.
Sachverhalt
Die Parteien stritten um Betreuungsunterhalt.
Die Klägerin, eine deutsche Staatsangehörige, und der Beklagte, der die österreichische Staatsangehörigkeit besaß, hatten bis Anfang 2008 in Österreich zusammengelebt. Aus ihrer Beziehung war ein am 28.4.2007 geborener Sohn hervorgegangen. Der Beklagte hatte die Vaterschaft im Mai 2007 anerkannt. Seit Frühjahr 2008 lebte die Klägerin mit dem Sohn in Deutschland. Der Beklagte erzielte ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 1.578,00 EUR, nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen und des Kindesunterhalts verblieben ihm 1.247,10 EUR. Die Klägerin betreute den gemeinsamen Sohn und war nicht berufstätig. Sie erhielt bis einschließlich Juni 2008 Elterngeld. Betreuungsunterhalt wurde für die Zeit von März 2008 bis April 2010 von ihr geltend gemacht.
Das AG hat den Beklagten zur Zahlung rückständigen und laufenden Betreuungsunterhalts i.H.v. monatlich 247,10 EUR verurteilt. Seine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil blieb ohne Erfolg. Hiergegen richtete sich die zugelassene Revision des Beklagten.
Auch dieses Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Der BGH bestätigte, dass der Klägerin vor einem deutschen Gericht Rechtsschutz zustehe, selbst wenn ungewiss sei, ob die Entscheidung in Österreich anerkannt werde.
Das anzuwendende materielle Recht sei nach dem Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2.10.1973 (HUÜ 73) zu bestimmen. Dem stehe nicht entgegen, dass Österreich nicht Vertragsstaat dieses Abkommens sei. Das HUÜ 73 beziehe sich nach dessen Art. 1 auch auf Unterhaltsansprüche aus § 1615l BGB. Diese Ansprüche seien weder deliktsrechtlich zu qualifizieren noch mit Ansprüche aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gleichzusetzen, deren Qualifizierung als familienrechtlich umstritten sei. Da die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt seit Frühjahr 2008 in Deutschland habe, sei nach Art. 4 des Übereinkommens deutsches Recht anzuwenden. Die Anwendung entfalle auch nicht nach Art. 7 des Übereinkommens, da § 1615l BGB keine Unterhaltspflichten zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder zwischen Verschwägerten regele. Die Klägerin sei unstreitig bedürftig und könne wegen der Betreuung des gemeinsamen Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren auch den Mindestbedarf i.H.v. 770,00 EUR nicht selbst erzielen, der ihr jedenfalls zuzubilligen sei. Vom Nettoeinkommen des Beklagten i.H.v. 1.578,00 EUR bleibe nach Abzug eines pauschalen Erwerbsaufwandes i.H.v. 5 % und dem Kindesunterhalt ein Einkommen von 1.247,10 EUR. Unter Berücksichtigung seines Selbstbehalts von 1.000,00 EUR sei er i.H.v. 247,10 EUR leistungsfähig.
Zum Elterngeld führte der BGH aus, dass diese Leistung grundsätzlich einkommensabhängig gezahlt werde. Damit komme ihm eine Lohnersatzfunktion zu, weswegen das Elterngeld als Einkommen des bezugsberechtigten Elternteils zu berücksichtigen sei. In Höhe von 300,00 EUR monatlich bleibe das Elterngeld nach § 11 S. 1 BEEG allerdings unberücksichtigt. Der Klägerin sei neben dem Mindestbedarf von 770,00 EUR jedenfalls ein Teil des Elterngelds von monatlich 300,00 EUR zu belassen. Ziehe man von dem Mindestbedarf der Klägerin i.H.v. 770,00 EUR den zugesprochenen Unterhalt i.H.v. 247,10 EUR ab, verbleibe ein ungedeckter Unterhaltsbedarf i.H.v. 522,90 EUR monatlich. Zuzüglich des nicht anzurechnenden Teils des Elterngeldes i.H.v. 300,00 EUR ergebe sich ein Gesamtbetrag i.H.v. 822,90 EUR. Es sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin Elterngeld in einer diesen Betrag übersteigenden Höhe bezogen habe.
Ausnahmsweise sei das Elterngeld vollständig, also ohne den Abzug des Sockelbetrages von 300,00 EUR zuzurechnen, wenn der das Elterngeld Beziehende als Unterhaltsberechtigter seinen Unterhalt gemäß §§ 1361 Abs. 3, 1579, 1611 Abs. 1 BGB verwirkt habe oder als Unterhaltsverpflichteter einer gesteigerten Obliegenheit gemäß § 1603 Abs. 2 BGB ausgesetzt sei.
Ein solcher Fall sei hier hinsichtlich des Betreuungsunterhalts aus § 1615l BGB nicht gegeben. Damit sei das Elterngeld im Ergebnis aus der unterhaltsrechtlichen Berechnung vollständig auszuklammern.
Hinweis
Der BGH setzt sich in dieser Entscheidung mit einigen in der Praxis häufig gebrachten Einwendungen in grenzüberschreitenden Unterhaltsprozessen auseinander und widerlegt diese in nachvollziehbarer Weise.
Zum Elterngeld stellt er klar, dass es sich nicht um Erwerbseinkommen handelt mit der Konsequenz, dass berufsbedingte Aufwendungen nicht abzusetzen sind und ein Erwerbstätigenbonus nicht zuzubilligen ist. Ferner folgt aus der Funktion des Eltern...