Leitsatz

Das AG hatte nach Abschluss eines Verfahrens zum Trennungsunterhalt im Rahmen der Kostengrundentscheidung der Klägerin 37 % und dem Beklagten 63 % der Kosten des Verfahrens auferlegt.

Beide Parteien haben jeweils Kostenfestsetzung beantragt.

Die Klägerin hatte vorgerichtlich Beratungshilfe in Anspruch genommen.

Das AG hat darauf mit Beschluss vom 7.7.2009 die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 787,54 EUR festgesetzt. Von den von der Klägerin zur Festsetzung angemeldeten Kosten hat das AG 367,90 EUR abgesetzt und zur Begründung angeführt, es könne nicht sein, dass die eine Partei sich vorgerichtlich eine Geschäftsgebühr anrechnen lassen müsse und die andere Partei, die im vorgerichtlichen Verfahren Beratungshilfe erhalten habe, keine Anrechnung dulden müsse. Zutreffend sei daher, auf beiden Seiten eine Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr vorzunehmen, selbst wenn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für diese Vertretung unter Abzug der hälftigen Geschäftsgebühr Beratungshilfe aus der Staatskasse erhalten habe.

Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin Erinnerung eingelegt und die Absetzung in Bezug auf eine anzurechnende Geschäftsgebühr gerügt. Ihre Prozessbevollmächtigte habe allein eine Vergütung wegen der gewährten Beratungshilfe erhalten. Daneben sei keine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG entstanden.

Das AG hat der ihr als sofortige Beschwerde auszulegenden Erinnerung nicht abgeholfen.

Der Beklagte hat Anschlussbeschwerde mit dem Ziel eingelegt, aufseiten des Beklagten mit Blick auf die Neuregelung des § 15a RVG keine Anrechnung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV auf die Verfahrensgebühr vorzunehmen.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Rechtsmittel beider Parteien für zulässig. Die sofortige Beschwerde der Klägerin sei auch begründet, die Anschlussbeschwerde des Beklagten hingegen habe keinen Erfolg. Entscheidungserheblich sei, da das Kostenfestsetzungsverfahren am 5.8.2009 noch nicht abgeschlossen gewesen sei, ob die Vorschrift des § 15a Abs. 2 RVG auf alle am 5.8.2009 noch nicht abgeschlossenen Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 104 ff. ZPO und damit auch im vorliegenden "Altfall" anwendbar sei.

Das OLG folgte der teilweise in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung, wonach die Übergangsregelung des § 60 Abs. 1 RVG auf die Neuregelung des § 15a RVG anwendbar sei mit der Folge, dass § 15a Abs. 2 RVG auf sog. "Altfälle" keine Anwendung finde. Da Gegenstand der Kostenfestsetzung allein der der Partei zustehende prozessuale Kostenerstattungsanspruch sei, könne es nach der bisherigen Rechtslage allein darauf ankommen, ob und in welchem Umfang der Mandant einem Zahlungsanspruch seines Prozessbevollmächtigten ausgesetzt gewesen sei. Mit der Einführung des § 15a Abs. 2 RVG habe der Gesetzgeber nunmehr erstmals geregelt, wann sich ein Dritter, wie etwa der Gegner im Kostenfestsetzungsverfahren, auf eine Anrechnungsvorschrift wie die Vorbemerkung 3 (4) RVG-VV berufen könne. Den Gesetzesmaterialen zufolge habe der bisher im Gesetz nicht definierte Begriff der Anrechnung legal definiert werden sollen, um u.a. den mit der Anrechnung verfolgten Gesetzeszweck, dass der Rechtsanwalt für eine Tätigkeit nicht doppelt honoriert werde, zu wahren.

Eine Anrechnung des hälftigen Betrages der Geschäftsgebühr auf die von der Klägerin im Kostenfestsetzungsantrag vom 10.2.2009 geltend gemachte Verfahrensgebühr komme nach dem bisherigen Recht in Betracht. Eine hälftige Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG sei auf die Verfahrensgebühr für das gerichtliche Verfahren im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens nicht anzurechnen, weil die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG im Innenverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten nicht entstanden sei, wenn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin insoweit nur im Rahmen der Bestimmungen des BerHG tätig geworden sei.

In Fällen, den denen Beratungshilfe bewilligt werden könne oder bewilligt worden sei, sei eine "fiktive" Geschäftsgebühr nicht anzurechnen, weil die Bestimmungen des Beratungshilfegesetzes Vorrang genießen würden (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 5.5.2008 - 17 W 57/08; OLG Schleswig, Beschl. v. 11.3.2008 - 15 WF 356/07, jeweils zitiert nach JURIS).

Bezogen auf die Anschlussbeschwerde des Beklagten ergebe sich, dass die hälftige Geschäftsgebühr wie im angefochtenen Beschluss der bisherigen Rechtslage entsprechend auf die Verfahrensgebühr anzurechnen sei.

 

Link zur Entscheidung

OLG Rostock, Beschluss vom 08.04.2010, 10 WF 181/09

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