Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit des § 15a RVG auf bis zum Inkrafttreten der Vorschrift – dem 5. August 2009 – noch nicht abgeschlossene Kostenfestsetzungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Die am 5.8.2009 eingeführte Vorschrift des § 15a RVG ist auf Kostenfestsetzungsverfahren, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen waren, nicht anzuwenden.
2. Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr gem. Vorbem. 3 (4) VV-RVG auf die Verfahrensgebühr kam auch nach bisherigem Recht nicht in Betracht, wenn der PKH-Anwalt vorgerichtlich im Rahmen der Beratungshilfe tätig war.
Normenkette
RVG § 15a; RVG-VV Vorbem. 3 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Wismar (Beschluss vom 07.07.2009; Aktenzeichen 3 F 272/08) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 6.4.2009 wird der Beschluss des AG Wismar vom 7.7.2009 - 3 F 272/08 - abgeändert.
Die von dem Beklagten an die Klägerin nach dem rechtskräftigen Urteil des AG Wismar vom 29.1.2009 zu erstattenden Kosten werden auf 1.063,35 EUR (in Worten eintausenddreiundsechzig/Ct wie vor) festgesetzt.
Diese Kosten sind gem. § 104 Abs. 1 ZPO mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab dem 11.2.2009 zu verzinsen.
Die Anschlussbeschwerde des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Beklagten nach einem Gegenstandswert von bis zu 550 EUR zur Last.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
1. Nachdem das AG Wismar im Rahmen der Kostengrundentscheidung der Klägerin 37 % und dem Beklagten 63 % der Kosten des Verfahrens, in dem die Parteien um die Zahlung von Trennungsunterhalt gestritten haben, auferlegt hat, haben die Parteien jeweils die Kostenfestsetzung beantragt.
Die Klägerin, die vorgerichtlich Beratungshilfe in Anspruch genommen hat, hat bei einem Gegenstandswert von 15.611,40 EUR die Festsetzung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV-RVG zum 1,3 fachen Satz i.H.v. 735,80 EUR, die Festsetzung einer Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG zum 1,2 fachen Satz i.H.v. 679,20 EUR, eine Pauschale nach Nr. 7002 VV-RVG i.H.v. 20 EUR, Umsatzsteuer i.H.v. 272,65 EUR sowie Gerichtskosten i.H.v. 726 EUR; insgesamt 2.433,65 EUR, begehrt. Der Beklagte hat insoweit darauf verwiesen, dass zwischen den Parteien vorgerichtlich zum Trennungsunterhalt korrespondiert worden sei. Die Klägerin habe daher gem. Vorbemerkung 3(4) RVG-VV eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 RVG-VV hinzunehmen.
Der Beklagte hat die Festsetzung einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV zum 1,3-fachen Satz i.H.v. 735,80, einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV zum 1,3-fachen Satz i.H.v. 735,80 EUR, einer Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV zum 1,2-fachen Satz i.H.v. 679,20 EUR sowie von zwei Pauschalen i.H.v. je 20 EUR nach Nr. 7002 RVG-VV für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (Nr. 2300 und Nr. 3100, 4104) abzgl. eines Abgleichs von 0,65 zwischen den Gebühren der Nr. 2300 RVG-VV und 3100 RVG-VV i.H.v. 367,90 EUR beantragt. Einschließlich Mehrwertsteuer beläuft sich der vom Beklagten zur Festsetzung angemeldete Betrag auf insgesamt 1.269,85 EUR.
Mit Beschluss von 7.7.2009 hat das AG die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 787,54 EUR, 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab dem 11.2.2009 verzinslich, festgesetzt. Von den von der Klägerin zur Festsetzung angemeldeten Kosten hat das AG 367,90 EUR (0,65 Abgleich Nr. 2300 RVG-VV und Nr. 3200 VV - RVG) abgesetzt. Es könne nicht sein, dass die eine Partei sich vorgerichtlich eine Geschäftsgebühr anrechnen lassen müsse und die andere Partei, die im vorgerichtlichen Verfahren Beratungshilfe erhalten habe, keine Anrechnung dulden müsse. Zutreffend sei daher, auf beiden Seiten eine Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr vorzunehmen, selbst wenn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für diese Vertretung unter Abzug der hälftigen Geschäftsgebühr Beratungshilfe aus der Staatskasse erhalten habe.
Gegen den ihr am 10.7.2009 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 21.7.2009 Erinnerung eingelegt und die Absetzung in Bezug auf eine anzurechnende Geschäftsgebühr gerügt. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe allein eine Vergütung wegen der gewährten Beratungshilfe erhalten. Daneben sei keine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG entstanden.
Das AG hat der als sofortige Beschwerde auszulegenden Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem OLG nach §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1, 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO, 11 Abs. 1 Satz 1 RPflG zur Entscheidung vorgelegt.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17.8.2009 vorsorglich eine Anschlussbeschwerde mit dem Ziel eingelegt, auf Seiten des Beklagten mit Blick auf die Neuregelung des § 15a RVG keine Anrechnung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV auf die Verfahrensgebühr vorzunehmen.
Die Bezirksrevisorin hat dahingehend Stellung genommen, dass das Anliegen der Klägerin durch die Anwendung des § 15a RVG obsolet geworden sein könnte. Die Übergangsvorschrift des § 60 RVG sei nicht anzuwenden, weil die Norm nur den Übe...