Leitsatz

Ein Betriebsrat muss erst nach seiner konstituierenden Sitzung zu einer Kündigung angehört werden. Bis dahin haben die Mitarbeiter noch keine funktio­nierende Interessenvertretung, da es an dem Ansprechpartner in Gestalt des Betriebsratsvorsitzenden fehlt.

 

Sachverhalt

Der Lagerleiter eines Autohauses hatte mit dem Argument, dass der Betriebsrat vor der Kündigung nicht angehört worden sei, gegen seine fristlose Entlassung geklagt. Da noch keine konstituierende Sitzung stattgefunden hatte, wiesen die Richter am LAG Düsseldorf die Klage zurück. Die Anhörungspflicht des Betriebsrats beginne nach herrschender Meinung erst mit seiner Konstituierung. Bis zu diesem Zeitpunkt sei der Betriebsrat funktionsunfähig, denn ohne Vorsitzenden und Vertreter fehle es an einem Absender und Adressat von Erklärungen nach § 26 Abs. 2 BetrVG. Die Obliegenheit, das Gremium als Ganzes zu unterrichten, stoße daher auf unüberwindliche rechtliche und praktische Probleme.  

Zwar bestehe dadurch eine "Schutzlücke"zwischen Amtsbeginn (§ 21 Satz 2 BetrVG) und konstituierender Sitzung (§ 29 Abs. 1 BetrVG). Jedoch sei diese Lücke, die sich insbesondere im Fall der erstmaligen Wahl eines Betriebsrats auftun kann, gesetzesimmanent, weil der Arbeitgeber bzw. die zu seiner Vertretung berechtigten Personen nach § 26 Abs. 2 BetrVG auf Seiten des Betriebsrats ebenfalls zur Vertretung berufene Personen vorfinden sollen. In der Praxis könne die Schutzlücke dadurch minimiert werden, dass der Wahlvorstand die konstituierende Sitzung unmittelbar der Bekanntgabe des Wahlergebnisses nachfolgen lässt.

Zu der Kündigung war es gekommen, weil der Lagerleiter bei seinem Arbeitgeber wiederholt in die Kasse gegriffen hatte. Als der Arbeitgeber davon erfuhr, kündigte er dem Mitarbeiter fristlos. Zu diesem Zeitpunkt war erstmals ein Betriebsrat in dem Unternehmen gewählt worden. Seine konstituierende Sitzung fand jedoch erst weniger Tage später statt.

 

Link zur Entscheidung

LAG Düsseldorf, Urteil vom 24.06.2009, 12 Sa 336/09.

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