§ 8 Abs. 1 AÜG[1] bestimmt, dass Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung grundsätzlich einen Anspruch auf die im Betrieb des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers des Entleihers haben (Gebot des sog. Equal Pay und Equal Treatment).

Der Anspruch der Leiharbeitnehmer beschränkt sich auf die wesentlichen Arbeitsbedingungen eines vergleichbaren Arbeitnehmers. Aus dem Wortlaut ergibt sich, dass der Gleichstellungsgrundsatz nur für die Zeit der Überlassung gilt; für Zeiten ohne Überlassungen sind Abweichungen möglich.[2]

Der Begriff der wesentlichen Arbeitsbedingungen wird unter Rückgriff auf die Leiharbeitsrichtlinie bestimmt.[3] Nach Art. 3 Abs. 1 lit. Leiharbeitslinie[4] betreffen die wesentlichen Arbeitsbedingungen die Dauer der Arbeitszeit, Überstunden, Pausen, Ruhezeiten, Nachtarbeit, Urlaub, arbeitsfreie Tage sowie das Arbeitsentgelt. Mit seiner Entscheidung vom 12.5.2022[5] hat der EuGH dies auch noch einmal in Bezug auf den Jahresurlaub, das Urlaubsgeld und auch die Urlaubsabgeltung bestätigt.

Ferner hat der Entleiher die in seinem Unternehmen geltenden Bedingungen für Schwangere, Kinder und Jugendliche sowie Diskriminierungsverbote zu beachten.

Die vergleichbaren Arbeitsbedingungen sind tätigkeitsbezogen zu bestimmen (= tätigkeitsbezogene Gleichstellung). Für den Vergleich ist auf die konkrete Tätigkeit im Entleiherbetrieb abzustellen, also die, die der Entleiher dem Leiharbeitnehmer ausdrücklich oder konkludent durch Billigung oder Duldung zugewiesen hat oder zuweisen will. Hierbei ist z. B. das Entgelt zugrunde zu legen, welches der Leiharbeitnehmer erhalten hätte, wenn er bei dem Entleiher für die gleiche Tätigkeit eingestellt und unter Vertrag genommen worden wäre.

Beschäftigt der Entleiher keine vergleichbaren Stammarbeitnehmer, erfolgt der Vergleich fiktiv. Entscheidend ist, wie der Entleiher die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis vergütet hätte.

Die Prüfung, ob die Arbeitsbedingungen des Leiharbeitnehmers denen des Entleihers entsprechen, wird nach aktueller Rechtsprechung anhand eines sog. Sachgruppenvergleich durchgeführt, d. h., es werden die Vertragsbestandteile miteinander verglichen, die in einem sachlichen Zusammenhang zueinander stehen. So werden z. B. alle Gehalts- und Vergütungsbestandteile nicht isoliert, sondern zusammen betrachtet.

Zur Schaffung von Rechtssicherheit sieht das AÜG vor, dass von einer Einhaltung des Gleichstellungsgrundsatzes hinsichtlich des Arbeitsentgelts (nicht der weiteren Arbeitsbedingungen) auszugehen ist, wenn der Leiharbeitnehmer das im Einsatzbetrieb einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer geschuldete tarifliche Arbeitsentgelt erhält. In der Praxis ist diese Vermutungswirkung aber nur bedingt viel wert, da sie vom Leiharbeitnehmer oftmals leicht widerlegt werden kann.

[1] Nach Ansicht des BAG gewährt § 8 Abs. 1 AÜG einen ergänzenden bzw. korrigierenden gesetzlichen Anspruch: BAG, Urteil v. 21.10.2015, 5 AZR 604/14.
[2] Vgl. nur Wank/Roloff in: ErfK zum Arbeitsrecht, 22. Aufl. 2022, Rz. 7.
[4] Richtlinie 2008/104/EG v. 5.12.2008.

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