§ 4a TVG ist durch das am 10.7.2015 in Kraft getretene Tarifeinheitsgesetz Gesetz geworden. Anlass für die Konzeption dieses Gesetzes waren die Öffentlichkeit vielfach beeinträchtigenden intensiven Streikmaßnahmen in Betrieben, die man zumindest in weiterem Sinne der Daseinsvorsorge zuordnen kann und die im Wesentlichen von kleineren Gewerkschaften außerhalb des DGB ausgegangen waren. Dort hatten sich sog. Funktionseliten organisiert, die mit Arbeitsniederlegungen auch in kleineren Teilbereichen der auch für die Allgemeinheit wichtigen Betriebe diese gänzlich lahmlegen konnten (z. B. Ärzte, Lokführer, Piloten, Fluglotsen). Da diese Arbeitnehmergruppen sich zwar auch, aber nur marginal in DGB-Gewerkschaften organisierten, kam es innerhalb dieser Betriebe zu dem die Auseinandersetzungen verschärfenden Nebeneinander mehrerer Gewerkschaften und Tarifwerke. Zur "Vereinheitlichung der Tariflandschaft" wurde der von der Rechtsprechung am 7.7.2012 aufgegebene Grundsatz der Tarifeinheit in veränderter Form in das TVG aufgenommen. Nach § 4a TVG muss in einem Betrieb, dessen Inhaber an mit mehreren, einander in ihrem Geltungsbereich überschneidenden Tarifverträge mit verschiedenen Gewerkschaften nach §§ 3, 4 TVG gebunden ist, nur der von den kollidierenden Tarifverträgen angewendet werden, der mit der Gewerkschaft abgeschlossen wurde, die im Betrieb im Zeitpunkt der Kollisionsentstehung die meisten Mitglieder hat.
Mit Rücksicht auf die DGB-Gewerkschaften, deren Zustimmung sonst nicht erreicht worden wäre, enthält das Gesetz, obwohl es durch Arbeitskämpfe veranlasst worden war, keine Bestimmung zum Arbeitskampfrecht. Die amtliche Gesetzesbegründung führte allerdings aus: "Die Regelungen zur Tarifeinheit ändern nicht das Arbeitskampfrecht. Über die Verhältnismäßigkeit von Arbeitskämpfen, mit denen ein kollidierender Tarifvertrag erwirkt werden soll, wird allerdings im Einzelfall im Sinne des Prinzips der Tarifeinheit zu entscheiden sein. Der Arbeitskampf ist Mittel zur Sicherung der Tarifautonomie. Der Arbeitskampf dient nicht der Sicherung der Tarifautonomie, soweit dem Tarifvertrag, der mit ihm erwirkt werden soll, eine ordnende Funktion offensichtlich nicht mehr zukommen würde, weil die abschließende Gewerkschaft keine Mehrheit der organisierten Arbeitnehmer im Betrieb haben würde. Im Rahmen der Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Dazu können auch Strukturen des Arbeitgebers und die Reichweite von Tarifverträgen gehören." Hiermit wurde zwar die Möglichkeit angesprochen, das Gesetz werde vielfach den für die Allgemeinheit oft unangenehmen Arbeitskämpfen der Funktionseliten die rechtliche Grundlage entziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat dem jedoch ganz grundsätzlich den Boden entzogen. Die gegen § 4a TVG gerichteten Verfassungsbeschwerden wurden zwar letztlich als unbegründet zurückgewiesen, das Gesetz wurde jedoch zuvor durch das Bundesverfassungsgericht in zahlreichen Punkten verfassungskonform korrigiert. Zu seinen Wirkungen auf das Arbeitskampfrecht führt das Gericht in den Randziffern 139 und 140 u. a. aus: "Doch wirkt sich die Kollisionsregel des § 4a TVG nicht auf die Zulässigkeit von Arbeitskampfmaßnahmen aus. Auch das Streikrecht einer Gewerkschaft, die in allen Betrieben nur eine kleinere Zahl von Arbeitnehmern organisieren kann, bleibt unangetastet; dies gilt selbst dann, wenn die Mehrheitsverhältnisse bereits bekannt sind. Das ergibt sich schon daraus, dass die Kollisionsregel des § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG ebenso wie der Anspruch auf Nachzeichnung in § 4a Abs. 4 TVG den Abschluss eines weiteren Tarifvertrags voraussetzt; dieser muss also erkämpft werden können.[...] Auch darf die vom Gesetzgeber bewusst erzeugte Unsicherheit über das Risiko einer Verdrängung im Vorfeld eines Tarifabschlusses weder bei klaren noch bei unsicheren Mehrheitsverhältnissen für sich genommen ein Haftungsrisiko einer Gewerkschaft für Arbeitskampfmaßnahmen begründen; dies haben die Arbeitsgerichte ggf. in verfassungskonformer Anwendung der Haftungsregelungen sicherzustellen."