Leitsatz

Im Rahmen eines Ehescheidungsverfahrens war beiden Parteien ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und der Streitwert für die Ehesache auf den Mindestwert von 2.000,00 EUR und für den Versorgungsausgleich auf 1.000,00 EUR festgesetzt worden. Gegen diesen Beschluss wandten sich die Prozessbevollmächtigten beider Parteien und begehrten eine Erhöhung des Streitwertes auf insgesamt 4.564,00 EUR. Der Ehemann bezog ein monatliches Arbeitslosengeld I i.H.v. 844,00 EUR, die Ehefrau monatliches Arbeitslosengeld II i.H.v. 345,00 EUR. Unter Berücksichtigung des Gegenstandswertes für den Versorgungsausgleich ergebe sich ein Betrag von 4.564,00 EUR, der als Gegenstandswert festzusetzen sei.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Parteien für begründet.

Der Wert einer Ehesache sei gem. § 48 Abs. 2 S. 1 GKG unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles, insbesondere der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien sowie des Umfangs und der Bedeutung der Sache zu bestimmen. Hierfür sei eine Gesamtschau aller Kriterien vorzunehmen. Die Regelung des § 48 Abs. 3 S. 1 GKG, wonach in Ehesachen für die Einkommensverhältnisse auf das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute abzustellen sei, gäbe lediglich einen Anhaltspunkt für die Wertfestsetzung.

Das OLG weist in seiner Entscheidung auch auf die aktuelle Rechtsprechung des BVerfG hin, wonach es mit der Berufsausübungsfreiheit der Rechtsanwälte nicht vereinbar sei, den Streitwert für Ehescheidungen, bei denen beiden Ehegatten Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt wird, unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen mit dem Mindestwert von 2.000,00 EUR anzusetzen (BVerfG, Beschl. v. 23.8.2005 - 1 BvR 46/05, MDR 2005, 1373 m. Anm. Hartung = NJW 2005, 2980 = FamRZ 2006, 24). An der entgegenstehenden und bislang vertretenen Auffassung werde nicht mehr festgehalten, sowohl das Arbeitslosengeld I als auch das Arbeitslosengeld II sei als Einkommen gem. § 48 Abs. 3 S. 1 GKG anzusehen, dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 13.01.2006, 11 WF 317/05

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