Dr. Madelaine Isabelle Baade
Zusammenfassung
Für den Abschluss eines Arbeitsvertrags gelten die allgemeinen Regeln des Privatrechts über das Zustandekommen von Verträgen. Erforderlich ist grundsätzlich ein Vertragsangebot und eine darauf bezogene Annahmeerklärung. Ein Arbeitsvertrag muss nicht schriftlich abgeschlossen werden. Es reicht eine formlose Einigung der Parteien. Zu beachten sind allerdings die im Arbeitsrecht geltenden Einschränkungen der Vertragsfreiheit.
Arbeitsvertrag und Arbeitsverhältnis sind Teil der grundlegend im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelten Privatrechtsordnung. Die allgemeinen Regeln des BGB finden deshalb grundsätzlich auf den Arbeitsvertrag Anwendung. In Anbetracht der besonderen Erfordernisse und Gegebenheiten des Arbeitslebens hat sich jedoch das Arbeitsrecht zu einem Sonderrecht entwickelt, welches die allgemeinen Regeln des Zivilrechts, insbesondere den Grundsatz der Vertragsfreiheit, in vielen Bereichen modifiziert oder verdrängt.
1 Abschluss und Form des Arbeitsvertrags
Der Abschluss eines Arbeitsvertrags ist ein privates Rechtsgeschäft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für das der Grundsatz der Privatautonomie gilt. Es darf aber nicht verkannt werden, dass gerade im Arbeitsrecht eine Vielzahl zwingender Vorschriften (Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung etc.) sowohl auf den Abschluss als auch auf die konkrete inhaltliche Ausgestaltung eines Arbeitsvertrags Einfluss nehmen.
Der Grundsatz der Privatautonomie gewährt Vertragsfreiheit, und zwar sowohl hinsichtlich der Frage, ob und mit wem ein Vertrag geschlossen wird (Abschlussfreiheit), als auch hinsichtlich des konkreten Inhalts des Vertrags (Gestaltungsfreiheit). Allerdings ist dieser Grundsatz gerade im Arbeitsrecht durch eine Vielzahl zwingender Vorschriften durchbrochen. Dies gilt zum Teil für die Abschlussfreiheit, in besonderem Maße aber für die Gestaltungsfreiheit.
1.1 Einschränkungen der Abschlussfreiheit
Einschränkungen der Vertragsfreiheit finden sich im Hinblick auf den Arbeitnehmerschutz vor allem in gesetzlich normierten Abschluss- und Beschäftigungsverboten, wie z. B. dem Verbot der Beschäftigung von Kindern nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz oder von Müttern innerhalb der nachgeburtlichen Schutzfrist nach dem Mutterschutzgesetz. Die Freiheit eines Vertragsabschlusses mit einem Ausländer, der keine Aufenthalts- bzw. Arbeitserlaubnis besitzt, wird durch die Regelungen zur Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer beschränkt.
Über derartige generelle Einschränkungen hinaus, kann der Grundsatz der Abschlussfreiheit in besonders gelagerten Einzelfällen durch sog. Abschlussgebote eingeschränkt sein. Unter bestimmten Voraussetzungen gilt dies für die Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen. Ein Gebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrags kann sich auch daraus ergeben, dass ein bestimmter Arbeitnehmer aus einem Sozialplan oder aus einem gerichtlichen Vergleich einen Wiedereinstellungsanspruch besitzt. In diesem Fall kann der Arbeitgeber ggf. auf dem Rechtsweg zum Abschluss eines (neuen) Arbeitsvertrags gezwungen werden.
Kollektivrechtliche Regelungen beachten
Im Einzelfall können sich die Einschränkungen des Grundsatzes der Vertragsfreiheit insbesondere aus tarifvertraglichen oder betrieblichen Abschlussge- und -verboten ergeben. Vor Abschluss eines Arbeitsvertrags sollte deshalb geklärt werden, ob und welche kollektivrechtlichen Regeln zu beachten sind.
1.2 Einschränkung der Gestaltungsfreiheit
Die Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Arbeitsbedingungen ist in vielfältiger Weise eingeschränkt. Sowohl gesetzliche Vorschriften als auch tarifvertragliche Normen überlagern die im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen.
Günstigkeitsprinzip beachten
Nach dem sog. arbeitsrechtlichen Günstigkeitsprinzip setzt sich unter mehreren konkurrierenden Regelungen regelmäßig die für den Arbeitnehmer günstigste durch.
1.3 Tarifvertragliche und betriebsverfassungsrechtliche Vorgaben
Sowohl die gesetzlichen Vorgaben des Betriebsverfassungsrechts auf dem Gebiet der Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten, als auch die sich aus kollektivrechtlichen Normen (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung) im Einzelfall ergebenden Vorgaben müssen im Ergebnis als eine Einschränkung der Privatautonomie hinsichtlich der vertraglichen Abschluss- und Gestaltungsfreiheit verstanden werden.
So ergeben sich betriebsverfassungsrechtliche Einschränkungen der Vertragsabschlussfreiheit des Arbeitgebers aus den §§ 93 und 95 BetrVG, insbesondere aber aus § 99 BetrVG. Dieser schreibt vor, dass in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und letztlich die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen hat. In Verbindung mit der korrespondierenden Zwangsgeldvorschrift des § 101 BetrVG tritt die Reichweite der betriebsverfassungsrechtlichen Eingriffe in die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers klar zutage.
Darüber hinaus muss im Einzelfall immer geprüft werden, ob Tarifverträge zur Anwendung komme...