Nachgehend

BAG (Urteil vom 30.03.1989; Aktenzeichen 6 AZR 326/86)

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger entgegen der Anordnung vom 8.3.1984 eine arbeitstägliche bezahlte 14-minütige Arbeitsunterbrechung zu gewähren.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3. Der Wert des Rechtsstreits wird auf DM 2.670,– festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Fortgewährung einer seit dem Jahre 1963 bestehenden ca. 14-minütigen Arbeitszeitunterbrechung, für die ein Anspruch nach dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Mantel-Tarifvertrag für Arbeiter des Bundes (MTB II) nicht gegeben ist.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Facharbeiter des Teilplanes VII in den Werkstätten (Waffenmechaniker und Kraftfahrzeugmechaniker) der … des … beschäftigt. Die … wird geleitet von einem …, derzeit von dem … in …. Die Abteilung ist untergliedert in einen Abteilungsstab, in dem Beamte und Arbeitnehmer eingesetzt sind, und in die Hundertschaften. Die Kfz- und Waffenwerkstätten sind organisatorisch den Grenzschutzabteilungen zugeordnet. Neben der Grenzschutzabteilung … besteht in … eine Grenzschutzverwaltungsstelle der Grenzschutzverwaltung …. Der Grenzschutzverwaltungsstelle sind u.a. Schreiner-, Schuhmacher- und Schneiderwerkstätten sowie die Bekleidungskammer und die Verwaltungsstelle selbst organisatorisch zugeordnet.

In den Kfz- und Waffenwerkstätten sind neben den zivilen Beschäftigten in diesem Bereich und für die gleichen Aufgaben auch Polizeivollzugsbeamte eingesetzt. Unter dem 12.3.1968 setzte der damalige Abteilungskommandeur … der … mit Wirkung vom 14.3.1968 in einer „Werkstattordnung” für das gesamte Werkstattpersonal, d.h. für Vollzugsbeamte und Arbeitnehmer der Waffen- und Kfz-Werkstätten eine Frühstückspause von 9.00 Uhr bis 9.15 Uhr fest. Für die Kraftfahrzeug- und Waffenwerkstätten gelten im übrigen folgende Arbeitszeitregelungen:

Montag bis Donnerstag von

7.00 Uhr bis 16.15 Uhr

Freitag

von 7.00 Uhr bis 15.00 Uhr

Pausen:

Mittagspause: 60 Minuten

Der Leiter der Grenzschutzverwaltungsstelle … legte am 16.2.1984 mit Wirkung vom 1.3.1984 im Einvernehmen mit dem Personalrat für die Bereiche der Grenzschutzverwaltungsstelle (Verwaltungsstelle, Bekleidungskammer, Unterkunft, Heizung, Schreinerwerkstatt und Küche) u.a. folgendes fest:

„Arbeitspausen: Eine kurze Arbeitspause am Vormittag in der Zeit von 9.00 Uhr bis 9.14 Uhr (weniger als 15 Minuten) wird gestattet.”

Am 8.3.1984 ordnete der Abteilungskommandeur … für den Kfz- und Waffenbereich an, dass „die Frühstückspause oder 14-minütige Arbeitsunterbrechung” nicht mehr zulässig sei und bis zu einer Neuregelung nicht mehr gestattet werde.

Der Kläger ist der Auffassung, er habe einen Anspruch auf Gewährung der 14-minütigen Arbeitszeitunterbrechung. Zwar sei über die Arbeitszeit im Arbeitsvertrag nichts enthalten, aber aufgrund der mehr als 20-jährigen Praxis der 14-minütigen Pausenregelung steht der Anspruch auf Weitergewährung in dem früheren Umfang dem Kläger aufgrund betrieblicher Übung zu. Die Kurzpause sei eingeführt worden, da es in den Werkstätten auf eine absolute Sicherheit und Präzision ankomme und diese notwendig sei, um die Leistungsfähigkeit und die Arbeitsproduktivität der Mitarbeiter zu steigern. Art und Zweck der Pausenregelung machten deutlich, dass diese Kurzpause auf Rücksichtnahme auf die begehrte menschliche Leistungsfähigkeit und Ermüdbarkeit festgelegt und erforderlich sei. Der jeweilige Bedienstete dürfe den Werkstattbereich während der Pausen nicht verlassen. Er stehe während der Kurzpause zur Verfügung und habe nicht wie bei einer Ruhepause das Entscheidungsrecht darüber, wie und wo er seine Freizeit verbringen wolle. Es sei ganz bewusst keine Pause im Sinne des § 12 AZO angeordnet worden, sondern eine normale Verschnaufpause, in der die Dienstbereitschaft nach wie vor gegeben sei. Aus dem Betrachterhorizont des Arbeitnehmers ergebe sich, dass dieser aus dem Verhalten des Arbeitgebers habe schließen dürfen, ihm werde die Kurzpause auf Dauer gewährt. Dafür spreche insbesondere auch die bereits im Jahre 1968 in der Werkstattordnung festgelegte Pause. Infolge der langjährigen betrieblichen Übung sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden; zudem auch dadurch, dass durch die Gewährung der betrieblichen Kurzpausen in anderen Abteilungen ein weiterer Inhalt für den Kläger bestehe, dass die betriebliche Übung der Kurzzeitpause Vertragsbestandteil geworden sei. Der Kläger habe auf die gleiche Pausenregelung mit anderen Arbeitnehmern derselben Dienststelle vertrauen dürfen.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine arbeitstägliche bezahlte 14-minütige Arbeitsunterbrechung entgegen der Anordnung vom 8.3.1984 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, der an sich unzulässigen Pausenregelung der Polizeivollzugsbeamten hätten sich die zivilen Beschäftigten eigenmächtig angeschlossen. Diese Pausen hätten nicht nur ...

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