Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedrohung

 

Leitsatz (amtlich)

Das Fuchteln mit einem 15 Zentimeter langen Messer vor einem Auszubildenden ist als wichtiger Grund geeignet, ein Arbeitsverhältnis mit einem schwerbehinderten tariflich ordentlich unkündbaren Mitarbeiter zu beenden. Dieses gilt unabhängig davon, ob der Mitarbeiter dabei eine Drohung gegen den Auszubildenden oder suizidal gegen sich selbst ausgesprochen hat.

 

Normenkette

BGB § 626

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6.498,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger ist 43 Jahre alt und verheiratet. Er ist zu 70 % schwerbehindert. Seine Ehefrau ist zu 100 % schwerbehindert. Der Kläger ist seit dem 1.11.1982 beim Beklagten als Gartenarbeiter mit 2.166 EUR brutto monatlich zuletzt auf dem Friedhof O.-T.-Str. beschäftigt.

Am 17.9.2003 hielt der Kläger aus ca. drei Meter Entfernung ein ca. 15 Zentimeter langes feststehendes Messer vor dem Auszubildenden O.M. in der Luft und fuchtelte damit herum. Die weiteren Einzelheiten des Vorfalls sind streitig.

Am 19.9.2003 erhielt der Personalrat der Beklagten die Bet. zur fristlosen Kündigung des Klägers unter Beifügung eines Vermerkes vom 17.9.2003. In diesem Vermerk wies die Beklagte darauf hin, dass der Kläger „erneut Mitarbeiter mit dem Messer bedrohte”. Weiter ist in diesem Vermerk ausgeführt:

Gegen 8:00 Uhr fragte der Auszubildende, Herr M., Herrn R. „G., alles in Ordnung?” Herr R. brüllte ohne ersichtlichen Grund, er werde gemobbt und nicht ernst genommen. Er zog ein Messer aus der Tasche und fuchtelte damit – aus ca. drei Metern Abstand – vor Herrn M. herum. Er brüllte „hau ab, sonst bringe ich dich um”. Dann brüllte er weiter, er werde sich das Messer vor allen Kollegen ins Herz stoßen; er werde Frau D. und Herrn K. (Mitarbeiter auf dem Friedhof) abstechen. Er überlege seit Jahren, ob er sich auf dem Friedhof aufhänge.

Am 24.9.2003 stimmte der Personalrat des Beklagten der außerordentlichen Kündigung zu. Das Integrationsamt, welches ebenfalls am 19.9.2003 beteiligt worden war, stimmte am 2.10.2003 der beabsichtigten Kündigung zu. Der Zustimmungsbescheid ging der Beklagten am 2.10.2003 um 15:23 Uhr zu. Der nächste darauffolgende Arbeitstag war Montag der 06.10.2003. Am 7.10.2003 wurde das Kündigungsschreiben in den Briefschlitz der Wohnungstür des Klägers eingeworfen.

In der Nacht vom 28.9. auf den 29.9.2003 begingen der Kläger und seine Ehefrau einen gemeinsamen Selbstmordversuch. Die Ehefrau des Klägers wurde in ein Krankenhaus eingewiesen, der Kläger wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Sch. vom 30.9.2003 befristet bis zum 28.10.2003 in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses untergebracht. Der Vater des Klägers wurde von diesem beauftragt, nach der Post für den Kläger zu sehen. Hierzu leerte der Vater des Klägers regelmäßig den Briefkasten im Hauseingang. Am 13.10.2003 fand die Mutter des Klägers das Kündigungsschreiben in der Wohnung des Klägers.

Der Kläger bestreitet das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Kündigung, meint, dass die Kündigung dem Kläger überhaupt nicht zugegangen sei, hilfsweise die Kündigung verfristet sei, der Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei und die Kündigung nicht unverzüglich nach Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochen worden sei.

Der Kläger habe nicht gedroht, den Auszubildenden M. umzubringen, sondern er habe ihm erklärt, er werde sich umbringen. Hintergrund dieser Androhung sei die beabsichtigte Umsetzung des Klägers auf einen anderen Friedhof gewesen. Dieses habe den Kläger so erregt, dass er das Messer aus dem Essbesteck des Restaurants „Die T.” mit zur Arbeit gebracht hätte, um mit der Vortäuschung eines Selbstmordes die Kollegin, die die Umsetzung vorgeschlagen habe, zu erschrecken. Es sei möglich, dass der Kläger bei dieser Gelegenheit auch Frau D. und Herrn K. für das Mobbing gegen seine Person verantwortlich habe machen wollen.

Falsch sei auch, dass es sich um einen wiederholten Vorgang gehandelt habe. Der Kläger habe nicht im Jahre 1996 eine Arbeitskollegin mit einem Messer bedroht, er werde ihr die Kehle durchschneiden und die Haut vom Leibe ziehen. Hierbei handele es sich um eine freie Erfindung der Beklagten. Auch die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe früher bereits einmal an einem kalten Wintertag einen Eimer Wasser vor Arbeiterunterkunft ausgegossen, sei falsch.

Die Personalratsanhörung sei fehlerhaft, weil es sich weder um eine erneute Bedrohung noch überhaupt um eine Bedrohung gehandelt habe. Dem Personalrat sei nicht mitgeteilt worden, dass der Kläger verheiratet sei, noch, dass seine Ehefrau schwerbehindert sei. Hierdurch sei es dem Personalrat nicht möglich gewesen, eine allgemeine Interessenabwägung vornehmen zu können.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 6.10.2003 nicht aufgelöst worden ist, sondern darüber hinaus...

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