Entscheidungsstichwort (Thema)

Allgemeiner Gleichheitssatz. Gleichbehandlungsgrundsatz. Aushilfe. Sachgrund für Ungleichbehandlung. Student

 

Leitsatz (amtlich)

1. Regeln die Tarifvertragsparteien die Vergütung für Aushilfen, bei denen der zeitliche Umfang und die zeitliche Lage der zu leistenden Schichten nicht einseitig vom Arbeitgeber festgesetzt werden können, anders im Verhältnis zu allen übrigen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten, ist diese Regelung am allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 I GG zu messen.

2. Ob eine Unterscheidung sachwidrig ist, bestimmt sich nach dem Zweck der Leistung. Beim Arbeitsentgelt müssen sich die sachlichen Gründe aus dem Bereich der Arbeitsleistung ergeben.

3. Weder der Status eines Studenten, noch die größere zeitliche Flexibilität bei der Festlegung der Arbeitseinsätze stellen einen Sachgrund für eine Differenzierung dar (im Anschluss an BAG v. 25.04.2001 – 5 AZR 368/99 – NZA 2002, 1211 und in Abgrenzung zu BAG v. 30.08.2000 – 4 AZR 563/99 – NZA 2001, 613).

 

Normenkette

GG § Art. 3 I

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.12.2005; Aktenzeichen 4 AZR 522/04)

LAG Berlin (Urteil vom 11.08.2004; Aktenzeichen 4 Sa 343/04)

 

Tenor

I.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger in den Monaten Januar 2003 und März 2003 eine Vergütung entsprechend dem Tronc- und Gehaltstarifvertrages „Klassisches Spiel”) vom 07.02.2000 und des Tarifvertrages über die Trinkgelder der Saalassistenten, Kassierer und in der Reception des klassischen Spiels vom 07.02.2000 in der Höhe zu zahlen, die dem Stundenanteil einer Teilzeitkraft entspricht, die nicht als Aushilfe beschäftigt wird.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 419,20 EUR festgesetzt.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen der Berechnung der Vergütungshöhe über die Anwendbarkeit zweier Tarifverträge.

Die Beklagte betreibt eine Spielbank. Der Kläger ist Student und seit dem 01.03.2003 Mitglied bei der Gewerkschaft Verdi. Er ist auf Grund des Arbeitsvertrages vom 23.09.2002 (Kopie Bl. 10 ff. d.A.) seit dem 01.10.2002 als Saalassistent befristet bis zum 31.03.2003 beschäftigt worden. Danach wurde der Kläger weiterbeschäftigt. Er arbeitet im Monatsdurchschnitt ca. 41 Stunden und erhält entsprechend der tarifvertraglichen Regelungen für Aushilfen einen Stundenlohn von 9,36 EUR.

Die Beklagte beschäftigt zahlreiche Aushilfen, deren Arbeitszeitumfang nicht vertraglich geregelt ist, u.a. 58 Croupiers und 6 Saalassistenten. Diese sind überwiegend Studenten. Die Diensteinteilung erfolgt in der Art, dass die Aushilfskräfte sich in die von der Beklagten erstellten Listen mit den zu vergebenden Arbeitseinsätzen eintragen oder durch mündliche Absprache mit der Technischen Leitung. Die Aushilfen erhalten unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit ausschließlich einen festgelegten Stundenlohn, der demjenigen entspricht, der in der Anlage zum Tronc- und Gehaltstarifvertrag („Klassisches Spiel”) vom 07.02.2000 (künftig: Tronc TV) entspricht (Kopie Bl. 39 d.A.). Dort ist geregelt, dass diese Stundenlöhne unabhängig von der Lage der Arbeit als „Bruttoendvergütungen” zu zahlen sind. Bei der Beklagten kommt ferner der Haustarifvertrag über die Trinkgelder der Saalassistenten, Kassierer und in der Reception des klassischen Spiels vom 07.02.2000 (künftig: Trinkgeld TV) zur Anwendung. Beide Tarifverträge gelten jeweils nach § 1 nicht für Aushilfen. Sie sehen niedrigere Stundenlöhne als für Aushilfen vor. Daneben sind jedoch auch Sonntags- und Nachtzuschläge, eine Kleiderzulage, Anteile aus dem Trinkgeldaufkommen und der Tronc-Entnahme zu zahlen. Die Beklagte wendet diese Tarifverträge auf alle Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten an, deren Stundenzahl festgeschrieben ist, unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit. Bei diesen Arbeitnehmern legt die Beklagte einseitig den Arbeitseinsatz fest.

Mit Schreiben vom 08.04.2003, das die Beklagte am nächsten Tag erhielt, macht der Kläger Ansprüche auf der Grundlage des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes geltend, insbesondere die Zahlung von Zuschlägen für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, die Zahlung einer Kleidergeldzulage und den Anteil am Trinkgeldaufkommen.

Mit der am 03.09.2003 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und der Beklagten am 10.09.2003 zugestellten Klage will der Kläger erreichen, dass die Beklagte ihm eine Vergütung entsprechend dem Tronc- und Trinkgeld TV zahlt. Alles andere sei eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung.

Der Kläger beantragt zuletzt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm in den Monaten Januar 2003 und März 2003 eine Vergütung entsprechend dem Tronc- und Gehaltstarifvertrag („Klassisches Spiel”) vom 07.02.2000 und des Tarifvertrages über die Trinkgelder der Saalassistenten, Kassierer und in der Reception des klassischen Spiels vom 07.02.2000 in der Höhe zu zahlen, die dem Stundenanteil einer Teilzeitkraft entspricht, die nicht als Aushilfe beschäftig...

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