Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufung - §§ 38 Abs 2, 61 AGB DDR - Beendigung des Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (redaktionell)

Zuständigkeit des Arbeitsgerichts bei durch Berufung gemäß §§ 38 Abs 2, 61 AGB DDR begründetem Arbeitsverhältnis.Abberufung gemäß §§ 62 - 65 AGB DDR als Beendigungsgrund.

 

Orientierungssatz

1. Berufung eingelegt unter dem Aktenzeichen 9 Sa 59/91.

2. Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 8 AZR 39/92.

 

Tenor

I. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die dem Kläger mit Schreiben der Beklagten vom 17.05.1991 ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung sowie vorsorglich erklärte außerordentliche, hilfsweise ordentliche Beendigungskündigung aufgelöst worden ist.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 12.699,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ein zwischen dem Kläger und dem „Rundfunk der DDR” am 24.09.1990 gesetzlich und arbeitsvertraglich zustandegekommenes Arbeitsverhältnis durch ein Kündigungsschreiben des Rundfunkbeauftragten der Beklagten vom 17.05.1991 fristlos abgeändert bzw. fristlos, vorsorglich fristgemäß, beendet worden ist.

Der Kläger ist seinerzeit vom damaligen geschäftsführenden Intendanten des „Rundfunk der DDR”, Herrn … mit Zustimmung des Hörfunkrates unter Aushändigung der erforderlichen Urkunde gem. § 61 AGB – DDR in die Position des stellvertr. Intendanten berufen worden. Daneben schlössen der Kläger und der „Rundfunk der DDR” noch am selben Tag „auf der Grundlage der Berufung” einen schriftlichen Arbeitsvertrag (Bl. 6 + 7 d. A.), der in den §§ 7 und 10 folgende Regelungen trifft:

㤠7

Dieser Vertrag ist für beide Vertragspartner mit einer Frist von 6 Monaten kündbar.

Die Kündigung bedarf zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform.

§ 10

Der Rundfunk verpflichtet sich, Herrn … im Falle seiner Abberufung von der Funktion des stellvertretenden Intendanten des Rundfunks der DDR auf der Grundlage eines neu zu schließenden Arbeitsvertrages mit einer angemessenen Tätigkeit zu beschäftigen. Die Vergütung ist in der höchsten Tarifgruppe des geltenden Allgemeinen Vergütungstarifvertrages zu vereinbaren.”

Seit dem am 03.10.1990 wirksam gewordenen Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland werden der „Rundfunk der DDR” und der „Deutsche Fernsehfunk” gem. Art. 36 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 24.09.1990 (im folgenden: EV) als eine gemeinschaftliche staatsunabhängige, rechtsfähige Einrichtung der fünf neuen Bundesländer und des früheren Ost-Berlin bis spätestens 31.12.1991 fortführt. Art. 36 EV trifft in den Absätzen 2 bis 4 folgende Regelung:

(2) Die Organe der Einrichtung sind

  1. Der Rundfunkbeauftragte
  2. Der Rundfunkbeirat

(3) Der Rundfunkbeauftragte wird auf Vorschlag des Ministerpräsidenten der Deutschen Demokratischen Republik von der Volkskammer gewählt. Kommt eine Wahl durch die Volkskammer nicht zustande, wird der Rundfunkbeauftragte von den Landessprechern der in Art. 1 Abs. 1 genannten Länder und dem Oberbürgermeister von Berlin mit Mehrheit gewählt. Der Rundfunkbeauftragte leitet die Einrichtung und vertritt sie gerichtlich und außergerichtlich. Er ist für die Erfüllung des Auftrags der Einrichtung im Rahmen der hierfür verfügbaren Mittel verantwortlich und hat für das Jahr 1991 unverzüglich einen in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichenen Haushaltsplan aufzustellen.

(4) Dem Rundfunkbeirat gehören 18 anerkannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens als Vertreter gesellschaftlich relevanter Gruppen an. Je drei Mitglieder werden von den Landtagen der in Art. I Abs. 1 genannten Länder und von der Stadtverordnetenversammlung von Berlin gewählt. Der Rundfunkbeirat hat in allen Programmfragen ein Beratungsrecht und bei wesentlichen Personal-, Wirtschafts- und Haushaltsfragen ein Mitwirkungsrecht. Der Rundfunkbeirat kann den Rundfunkbeauftragten mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder abberufen. Er kann mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder einen neuen Rundfunkbeauftragten wählen.

Zum Aufgabenbereich des Klägers zählt unter anderem die Leitung der Betriebsakademie, die sich vor dem Hintergrund der Schließung der Beklagten zum Jahresende 1991 derzeit insbesondere der Umschulung und Qualifizierung der von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter(innen) widmet.

Die vom Kläger derzeit bezogene Vergütung beträgt monatlich 4.233,– DM brutto.

Unter dem Datum des 17.05.1991 ließ die Beklagte im Auftrag des amtierenden Rundfunkbeauftragten, Herrn …, das nachfolgend wiedergegebene Schreiben an den Kläger richten:

„Sehr geehrter Herr …,

bereits mit Schreiben vom 11. Januar 1991 wurden Sie wegen Verstößen gegen Ihre dienstvertraglichen Treupflichten sowie gegen die Dienstanweisung 01 abgemahnt. Mitte Februar 1991 haben Sie trotz der Abmahnung vom 11. Januar 1991 erneut gegen die Dienstanweisung 01 durch ...

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