Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmahnung bei Vorwürfen gegenüber Vorgesetzten durch Vorlage einer „Eidesstattlichen Versicherung” beim Personalrat
Leitsatz (amtlich)
1. Wendet sich ein Arbeitnehmer mit einer sogenannten „Eidesstattlichen Versicherung”, in der er eine Vorgesetzte eines Fehlverhaltens bezichtigt, an den Personalrat, so will er regelmäßig sein Beschwerderecht gegenüber der Personalvertretung ausüben.
2. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Vorwürfe des Arbeitnehmers kann in diesem Verhalten regelmäßig weder eine Vertragspflichtverletzung noch eine Störung des Betriebsfriedens gesehen werden. Eine Abmahnung kommt deswegen nicht in Betracht.
3. Es bleibt offen, ob hiervon eine Ausnahme im Falle schwerer, völlig haltloser Anschuldigungen gegen den Arbeitgeber oder Vorgesetzte zu machen ist.
Normenkette
PersVGBln § 72; BGB §§ 1004, 242
Nachgehend
Tenor
I.
Das beklagte Land wird verurteilt, die dem Kläger mit Schreiben vom 01.04.2003 erteilte Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits hat das beklagte Land zu tragen.
III.
Der Wert des Streitgegenstandes wird festgesetzt auf 2.400,00 EUR.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Entfernung einer Abmahnung aus seiner Personalakte.
Der am 14.8.1957 geborene Kläger, ist beim beklagten Land im Bereich des P. (im folgenden: Beklagte) als vollbeschäftigter Angestellter im Sicherheits- und Ordnungsdienst gegen eine Bruttomonatsvergütung von ca. 2400,– EUR tätig. Auf das Arbeitsverhältnis, dem der Arbeitsvertrag vom 20.12.1996 (Bl. 13 f d.A.) zugrunde liegt, findet Anwendung der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen (BAT-O).
Am 17. Juni 2002 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger, einem Herrn L., der Vorgesetzten des Klägers Frau Sch. sowie Frau Sp. vom Personalrat statt. Der Kläger erklärte hier, dass seine Verbesserungsvorschläge kein Gehör fänden. Ob in diesem Gespräch Einigkeit erzielt wurde, dass die Verbesserungsvorschläge auf dem Dienstweg zunächst an die zuständigen Stellen des Arbeitgebers und erst dann an den Personalrat gesandt werden sollten oder ob der Personalrat parallel beteiligt werden sollte, ist zwischen den Parteien streitig. Am 18. Juni 2002 übergab der Kläger an Frau Sch. einen Verbesserungsvorschlag, den er und sein Kollege Herr A. erstellt hatten. Frau Sch. bat nach dem Vorbringen der Beklagten den Kläger, den bereits in der Poststelle befindlichen Umschlag wieder aus der Poststelle zu holen. Der Kläger soll darauf gesagt haben: „so machen wir das, Frau Sch.”.
Unter dem 18. Juni 2002 erstellte der Kläger eine „Eidesstattliche Versicherung” (Bl. 7 d.A.). Mit dieser wandte sich der Kläger nach dem Vorbringen der Beklagten an den Personalrat. Hier führt der Kläger aus, Frau Sch. habe ihm den dienstlichen Auftrag erteilt, den bereits zur Weiterleitung an den Hauptverteiler abgelegten Briefumschlag, in dem ein Schriftstück über das Gespräch vom 17.6.2002 enthalten sei, ihr zu übergeben „mit der Maßgabe, dienstliche Differenzen gingen den Personalrat nichts an.” Frau Sch. habe den Umschlag geöffnet, diesen zerrissen und gesägt, sie leite es selbst weiter. Ein Einverständnis zu diesem Vorgehen habe nicht vorgelegen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopie der „Eidesstattlichen Erklärung” verwiesen.
Mit Schreiben vom 1.4.2003 (Bl. 5 f d.A.) erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung, weil er durch die „eidesstattliche Versicherung” an den Personalrat gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gegenüber seinen Vorgesetzten verstoßen habe. Wegen der Einzelheiten der Geschehnisse vom 17. und 18.6.2002 sowie der gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe wird auf die Fotokopie der Abmahnung verwiesen.
Gegen diese Abmahnung wendet sich der Kläger mit seinem Klageantrag.
Der Kläger bestreitet, sich vertragswidrig verhalten zu haben. Wegen der Einzelheiten aus Sicht des Klägers wird auf seinen Schriftsatz vom 5.9.2003 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die mit Schreiben vom 1.4.2003 erteilte Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, weder der Kläger noch sein Kollege Herr A. hätten das Gespräch mit Frau Sch. oder deren unmittelbaren Vorgesetzten gesucht Stattdessen habe es der Kläger bevorzugt das Ansehen seiner Vorgesetzten durch die Äußerung unwahrer Behauptungen gegenüber Dritten zu diskreditieren. Dem Kläger sei es nicht auf eine sachgerechte Lösung des Konfliktes angekommen. Durch sein Verhalten habe der Kläger seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gegenüber seinen Vorgesetzten verletzt. Sein Verhalten sei geeignet, den Betriebsfrieden zu stören.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Entfernung...