Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. Kündigungsschutzklage. Betriebsübergang. Passivlegitimation. Anhängigkeit. Rechtshängigkeit. Rechtskrafterstreckung. Zeitachse
Leitsatz (amtlich)
Folgt dem Zugang einer Kündigung zeitlich ein Betriebsübergang nach – noch bevor der Arbeitnehmer die Kündigungsschutzklage anhängig gemacht hat –, so ist die Kündigungsschutzklage zwingend gegen den kündigenden Betriebsveräußerer zu richten, während der Betriebserwerber nicht passivlegitimiert ist.
Normenkette
KSchG § 4 S. 1; BGB § 613a; ZPO § 325
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
III. Der Wert der Beschwer des Klägers wird festgesetzt auf 4.950,00 EUR.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.
Der am … 1976 geborene, verheiratete Kläger trat mit Arbeitsvertrag unter dem 14. Oktober 2002 (Bl. 13 – 15 d. A.) zu demselben Tage bei dem Rechtsvorgänger der Beklagten in ein Arbeitsverhältnis als kaufmännischer Angestellter. Der Rechtsvorgänger – der Vater der Geschäftsführerin der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten – betrieb mit mehreren Filialen einen Fachhandel für Betten. Er schloss mit dem Kläger auch die weiteren Arbeitsverträge vom 01. November 2003 (Bl. 18 – 20 d. A.) und vom 01. November 2005 (Bl. 34 – 36 d. A.). Während der Rechtsvorgänger zuletzt mehr als fünf Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigte, die bereits am 01. Januar 2004 dort beschäftigt waren, beschäftigt die Beklagte heute zehn Arbeitnehmer. Das Entgelt des Klägers belief sich bei einer 40-Stunden-Woche zuletzt auf 1.650,00 EUR brutto.
Mit Schreiben unter dem 23. Dezember 2006 (Bl. 16 d. A.) ließ der Rechtsvorgänger den Kläger wissen, dass der Geschäftsbetrieb per 31. Dezember 2006 auf die Beklagte im Zuge eines Betriebsüberganges übergehen werde. Der Kläger erhob gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses keinen Widerspruch.
Am 28. Dezember 2006 ging dem Kläger die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Seiten des Rechtsvorgängers zu (Bl. 17 d. A.). Diese Kündigung datiert auf den 27. Dezember 2006 und ist zum 31. Januar 2007 erklärt. Das Kündigungsschreiben hebt auf eine Filialschließung ab und bietet eine Abfindung nach § 1a KSchG an für den Fall, dass der Kläger keine Kündigungsschutzklage erheben sollte.
Indessen hat der Kläger mit einem am 18. Januar 2007 bei Gericht eingegangenen und der Beklagen am 24. Januar 2007 zugestellten Schriftsatz Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte erhoben.
Der Kläger ist der Meinung, dass die Kündigung nicht von Kündigungsgründen getragen sei, die soziale Auswahl falsch vorgenommen worden sei, und dass die Kündigung im Sinne von §§ 613a Abs. 4 BGB wegen des Betriebsüberganges ausgesprochen worden sei. All dies habe der Kläger im Zuge eines Kündigungsschutzverfahrens gegen die Beklagte als Betriebsübernehmerin gerichtlich geltend zu machen, wie er unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes und des Landesarbeitsgerichtes Hamm näher unterbaut.
Der Kläger beantragt
festzustellen, dass die ordentliche Kündigung vom 27.12.2006, dem Kläger zugegangen am 28.12.2006, unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis über den Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Januar 2007 ungekündigt fortbesteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält dafür, dass es der Beklagten an der Passivlegitimation für das Kündigungsschutzverfahren fehle. Im Übrigen sei die Kündigung aber auch gerechtfertigt, denn sie sei durch die Schließung einer der Filialen bedingt, was die Beklagte gegebenenfalls auch noch näher ausführen könne.
Die Parteien haben im Gütetermin vom 19. Februar 2007 übereinstimmend beantragt, dass der Rechtsstreit durch den Vorsitzenden allein entschieden werden möge.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist insgesamt zulässig. Dies ergibt eine Auslegung des gestellten Klageantrages.
Dem Wortlaut nach erscheint es als möglich, dass der Klageantrag zwei Feststellungsbegehren mit zwei unterschiedlichen Streitgegenständen enthielte. Es solle zum einen festgestellt werden, dass die ordentliche Kündigung (des Rechtsvorgängers) vom 27. Dezember 2006 unwirksam sei, und zum anderen, dass das Arbeitsverhältnis (zwischen den Parteien) über den Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Januar 2007 hinaus im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung fortbestehe. Das erste Klagebegehren einer so aufgespaltenen Klage wäre allerdings unzulässig, denn die Beantwortung der isolierten Frage, ob eine bestimmte Kündigung unwirksam sei, läuft auf ein reines Rechtsgutachten heraus, zu welchen die Gerichte nicht aufgerufen sind. Der zweite Teil der Klage wäre zwingend unbegründet, denn die Kündigung des Rechtsvorgängers stünde im Raum, ohne durch einen Kündigungsschutzantrag nach §§ 4 Satz 1 KSchG angegriffen zu sein, so dass die Kündigung nach § 7 KSchG als sozial gerechtfertigt und auch sonst rechtswirksam zu gelten hätte. Das Arbeitsverhältnis wäre also im aufgelösten Zustand auf die Beklagte übergegangen, hätte...