Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Passivlegitimation
Leitsatz (amtlich)
Zur Passivlegitimation der Betriebserwerberin bei einer gegen die Kündigung des Betriebsveräußerers gerichteten Kündigungsschutzklage.
Normenkette
BGB § 613a; KSchG § 4
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Urteil vom 16.08.2011; Aktenzeichen 6 Ca 1546/11) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 16.08.2011 – 6 Ca 1546/11 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vor Betriebsübergang und hierbei um die Passivlegitimation des Betriebserwerbers.
Der 42jährige, ledige Kläger, Vater eines Kindes, war seit dem 20.04.1998 bei der Firma F. S. G. als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Zum 01.01.2000 ging der Betrieb der F S G auf die Beklagte zu 2) – die Firma S. L. – und V. G. – gemäß § 613 a BGB über. Hierzu verhält sich das Schreiben der Firma F. S. G. vom 03.12.1999 an den Kläger.
Mit Schreiben vom 04.04.2011 kündigte die Beklagte zu 2) das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum 30.09.2011.
Mit Schreiben vom 12.04.2011 unterrichteten die Beklagte zu 1) – die Firma S. V. – und V. G. – und die Beklagte zu 2) – die Firma S. L. – und V. G. – den Kläger über die Übertragung des gesamten indirekten Bereichs der Beklagten zu 2) mit den Abteilungen Verwaltung und Vertrieb sowie dem Bereich Fertigwarenlager/Versand mit Wirkung zum 12.04.2011 auf die Beklagte zu 1). In dem Unterrichtungsschreiben vom 12.04.2011 lautet es unter V. 1. Arbeitsverhältnis wie folgt:
„Sollte Ihnen gegenüber eine Kündigung ausgesprochen worden sein und die Kündigungsfrist nach dem 12.04.2011 auslaufen, geht ihr Arbeitsverhältnis in gekündigtem Zustand auf die S. V. – und V. G. über.”
V. 5. des Unterrichtungsschreibens beinhaltet folgenden Hinweis:
„Die zur Erreichung dieser Verringerung erforderlichen betriebsbedingten Kündigungen sind bereits ausgesprochen worden; sollten Sie eine solche Kündigung erhalten haben, geht Ihr Arbeitsverhältnis im gekündigten Zustand bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auf die S. V. – und V. G. über, sofern Sie nicht ein Ihnen unterbreitetes Angebot auf Wechsel in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft annehmen.”
Mit seiner Klage vom 15.04.2011, welche am 19.04.2011 beim Arbeitsgericht Aachen eingegangen ist, hat der Kläger gegenüber der Beklagten zu 1) die Feststellung begehrt, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der S. L. – und V. G. vom 04.04.2011 zum 30.09.2011 beendet wird.
Mit Klageerweiterung vom 25.07.2011 hat der Kläger die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 2) (Fa. Schmetz Logistik- und Vertriebs GmbH) erweitert.
Der Kläger hat die Passivlegitimation der Beklagten zu 1) geltend gemacht. Zwischen der Betriebsveräußerin – der Beklagten zu 2) – und der Betriebserwerberin – der Beklagten zu 1) – bestehe nicht nur eine Identität der Geschäftsführung sondern auch eine hinsichtlich der Gesellschafter, so dass die Kündigungsschutzklage gegen den die Kündigung nicht erklärenden Betriebsveräußerer gerichtet werden könne. Zudem müsse sich die Beklagte dazu erklären, ob der Betriebsübergang nicht einzig aus dem Grunde inszeniert worden sei, um Kündigungsschutzklagen zu begegnen. Soweit dieses der Fall sei, wäre ohnehin ein Berufen auf die fehlende Passivlegitimation rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der S. L. – und V. G. vom 04.04.2011 zum 30.09.2011 beendet worden ist,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 04.04.2011 zum 30.09.2011 beendet worden ist.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben die Rechtsauffassung vertreten, dass die Klage gegen die Beklagte wegen fehlender Passivlegitimation als unbegründet abzuweisen sei, da der Kläger sein Kündigungsschutzbegehren gegen die die Kündigung aussprechende Betriebsveräußerin – die Beklagte zu 2) – hätte richten müssen. Der Klageantrag vom 15.04.2011 sei nicht so auszulegen, dass die Beklagte zu 2) hätte verklagt sein sollen, da aus der Begründung zur Klageschrift hervorgehe, dass wegen des Betriebsübergangs gezielt die Beklagte zu 1) beklagt werden solle. Die Klageerweiterung gegenüber der Beklagten zu 2) vom 25.07.2011 sei wegen Überschreiten der Klagefrist nach § 4 KSchG als unbegründet anzusehen.
Das Arbeitsgericht Aachen hat durch Urteil vom 16.08.2011 – 6 Ca 1546/11 – die Klage gegenüber beiden Beklagten als unbegründet abgewiesen. Bezüglich der Beklagten zu 1) fehle es der Kündigungsschutzklage an der Passivlegitimation, da diese die Kündigung nicht ausgesprochen habe und für einen Rechtsmissbrauch keine Anhaltspunkte ersichtlich seien. Hinsichtlich der Beklagten zu 2) sei die Klageerweiterun...