Leitsatz (redaktionell)

1. Fehlt ein Arbeitnehmer seit 2 Jahren infolge mehrfacher krankheitsbedingter AU jährlich über 50% der Arbeitstage, so besteht in der Regel eine tatsächliche Vermutung dafür, daß er auch in Zukunft in gleichem Umfang aus krankheitsbedingten Gründen fehlen wird.

2. Aufgrund einer solchen Vermutung kann eine Kündigung ausgesprochen werden, wenn durch die zu erwartenden Fehlzeiten der Betriebsablauf empfindlich gestört werden würde, eine Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers zum Nachteil des Arbeitnehmers ausschlägt und dem Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung keine Tatsachen bekannt sind, die diese Vermutung widerlegen.

3. Den Arbeitgeber trifft die Obliegenheit, sich bei Ausspruch der Kündigungim Rahmen zumutbaren Aufwands zu erkundigen, ob solche Tatsachen vorliegen (zB dadurch, daß er den Arbeitnehmer auf die Vermutung hinweist und ihm Gelegenheit gibt, sie durch Tatsachen glaubhaft zu widerlegen). Verletzt der Arbeitgeber diese Obliegenheit, so ist die Kündigung unwirksam, wenn ihm im Falle der Befolgung dieser Obliegenheit solche Tatsachen glaubhaft bekanntgeworden wären. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Arbeitnehmer.

4. Bei der Interessenabwägung ist zum Nachteil des Arbeitnehmers der Umstand zu berücksichtigen, daß sich im konkreten Einzelfall infolge häufiger Fehlzeiten aus krankheitsbedingten oder aus anderen Gründen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses eine engere persönliche Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betrieb (Arbeitgeber) nicht entwickeln konnte.

 

Normenkette

BGB § 620; KSchG § 1

 

Fundstellen

Haufe-Index 443600

ARST 1977, 122 (LT1-4)

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