Leitsatz (amtlich)
I. Will der Arbeitnehmer anstelle des unter Verwendung der sogenannten Notenskala als „befriedigend” erteilten Zeugnisses eine „gute” Gesamtbewertung erreichen, so obliegt es im Rechtsstreit dem Arbeitgeber diejenigen Tatsachen beizubringen, die dem entgegen stehen (sollen).
II. Angesichts aktueller empirischer Erkenntnisse, wonach mittlerweile in 86,6 v.H. der erteilten Arbeitszeugnisse „gute” oder bessere Leistungen bescheinigt werden (s. dazu Franz-Josef Düwell/Holger Dahl, NZA 2011, 958 ff.), kann dem Arbeitnehmer nicht länger der Nachweis dafür auferlegt werden, er sei in die Gruppe der schwächsten 13,4 v.H. aller Beschäftigten zu Unrecht eingereiht worden.
Nachgehend
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein qualifiziertes Zeugnis auf ihrem geschäftlichen Briefpapier in ungeknickter und ungelochter Form zu erteilen mit dem Inhalt:
„Zeugnis
Frau I. Sch., geboren am … 1969 in Berlin, trat am 01. Juli 2010 in unsere Praxis ein und übte die Tätigkeit einer Empfangs-/Rezeptionsmitarbeiterin aus. Zu den von ihr erfüllten Aufgaben gehörten:
- Praxisorganisation
- Betreuung der Patienten
- Telefonverwaltung und Terminvergabe
- Anwesenheit bei Vorstellungsgesprächen
- Erstellung der Dienst- und Urlaubspläne
- Führung und Verwaltung der Patientenkarteien bzw. -daten
- Ausfertigung von Rechnungen (Prophylaxe, PA-Vorverhandlungen)
Darüber hinaus half Frau Sch. bei der Erstellung des Praxisqualitätsmanagements.
In der Zusammenarbeit erlebten wir Frau Sch. als engagierte Mitarbeiterin, die sich für die Belange unserer Praxis einsetzte und die ihr übertragenen Arbeiten stets zu unserer vollen Zufriedenheit ausführte.
Durch ihr freundliches und verbindliches Wesen war sie sowohl bei Patienten und Vorgesetzten, als auch bei Kollegen gleichermaßen geschätzt und beliebt.
Frau Sch. verlässt unsere Praxis zum 30. Juni 2011 auf eigenen Wunsch. Wir danken ihr für ihre Arbeit und wünschen ihr persönlich und beruflich für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg.
Berlin, den 30. Juni 2011.
(Unterschrift; wie gehabt)”.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien nach einem Wert von 1.700,– Euro je zur Hälfte zu tragen.
III.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für dieses Schlussurteil auf 850,– Euro festgesetzt.
Tatbestand
Es geht – nach wie vor – um die Korrektur eines Zeugnisses (s. § 109 GewO).
I. Wegen der Verhältnisse der Parteien und des bisherigen Sach- und Streitstandes wird zunächst auf die tatbestandlichen Ausführungen im Teilurteil vom 22. Juni 2012 verwiesen. Nachdem dort über das Verlangen der Klägerin befunden worden ist, ihr als Teilbereich ihrer Arbeitsaufgaben die „Sauberkeit und Pflege der gesamten Praxis, unter Beachtung der Hygiene- und Sicherheitsbestimmungen” zu bescheinigen, geht es nunmehr ausschließlich noch um die Frage, ob die Beklagte ihre Leistungen als „stets” zu ihrer vollen Zufriedenheit zu klassifizieren hat oder sich das Prädikat ersparen darf.
II. Hiernach beantragt die Klägerin zuletzt noch,
die Beklagte zu verurteilen, ihr ein qualifiziertes Zeugnis auf ihrem geschäftlichen Briefpapier in ungeknickter und ungelochter Form zu erteilen mit dem Inhalt:
Zeugnis
Frau I. Sch., geboren am … 1969 in Berlin, trat am 01. Juli 2010 in unsere Praxis ein und übte die Tätigkeit einer Empfangs-/Rezeptionsmitarbeiterin aus. Zu den von ihr erfüllten Aufgaben gehörten:
- Praxisorganisation
- Betreuung der Patienten
- Telefonverwaltung und Terminvergabe
- Anwesenheit bei Vorstellungsgesprächen
- Erstellung der Dienst- und Urlaubspläne
- Führung und Verwaltung der Patientenkarteien bzw. -daten
- Ausfertigung von Rechnungen (Prophylaxe, PA-Vorverhandlungen)
Darüber hinaus half Frau Sch. bei der Erstellung des Praxisqualitätsmanagements.
In der Zusammenarbeit erlebten wir Frau Sch. als engagierte Mitarbeiterin, die sich für die Belange unserer Praxis einsetzte und die ihr übertragenen Arbeiten stets zu unserer vollen Zufriedenheit ausführte.
Durch ihr freundliches und verbindliches Wesen war sie sowohl bei Patienten und Vorgesetzten, als auch bei Kollegen gleichermaßen geschätzt und beliebt.
Frau Sch. verlässt unsere Praxis zum 30. Juni 2011 auf eigenen Wunsch. Wir danken ihr für ihre Arbeit und wünschen ihr persönlich und beruflich für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg.
Berlin, den 30. Juni 2011.
(Unterschrift; wie gehabt)”.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
III. Sie hält eine bessere als die bereits attestierte Bewertung der Klägerin nicht für geschuldet und macht dazu Ausführungen, auf deren Einzelheiten verwiesen wird.
IV. Dem tritt die Klägerin entgegen und macht dazu ihrerseits Ausführungen, auf deren Einzelheiten gleichfalls verwiesen wird.
V. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf deren Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften verwiesen.
Entscheidungsgründe
Soweit über die Klage noch befunden werden muss, erweist sie sich als begründet. Die Beklagte ...