Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von Bildungsurlaub
Nachgehend
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass der Kläger nach den Vorschriften des Niedersächsischen Bildungsurlaubsgesetzes einen Freistellungsanspruch gegen die Beklagte hat für die Teilnahme an dem Kurs „Schwedisch II” in der Zeit vom 03.03.03 bis zum 07.03.03 und auf Teilnahme an dem Kurs „Schwedisch III” in der Zeit vom 12.05.03 bis zum 16.05.03.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird festgesetzt auf 1.100,00 EUR.
4. Die Berufung wird gesondert zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Voraussetzungen eines Bildungsurlaubs.
Der Kläger ist seit 1979 bei der Beklagten beschäftigt, und zwar als Verkäufer in dem von ihr beschäftigten Textileinzelhandelsgeschäft in …. Die Beklagte ist bundesweit tätig. Der Kläger ist Betriebsratsmitglied.
Im Jahr 2002 hat der Kläger keinerlei Bildungsurlaub in Anspruch genommen. Er beantragte mit Schreiben vom 29.01.2003 die Gewährung von Bildungsurlaub zur Teilnahme an den Sprachkursen Schwedisch II und Schwedisch III in der Zeit vom 03.03. bis 07.03.2003 sowie vom 12.05. bis zum 16.05.2003. Dem Antrag waren beigefügt die Bescheide des Niedersächsischen Bundes für freie Erwachsenenbildung vom 30.01.2003 über die Anerkennung der beantragten Bildungsveranstaltungen als solche nach dem Niedersächsischen Bildungsurlaubsgesetz. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 07.02.03 sowohl Freistellung als auch Entgeltfortzahlung nach Maßgabe des Niedersächsischen Bildungsurlaubsgesetzes ab mit der Begründung, es handele sich weder um politische Bildung noch um berufsbezogene Weiterbildung.
Demzufolge besucht der Kläger diese Sprachveranstaltungen nunmehr unter der Gewährung von regulärem Erholungsurlaub.
Der Kläger beantragt
festzustellen, dass er einen Freistellungsanspruch gegen die Beklagte hat für die Teilnahme an dem Kurs „Schwedisch II” in der Zeit vom 03.03.2003 bis zum 07.03.2003 und auf Teilnahme an dem Kurs „Schwedisch III” in der Zeit vom 12.05.2003 bis zum 16.05.2003.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie räumt ein, dass es sich bei den Sprachkursen um Veranstaltungen der allgemeinen Bildung i.S.d. NBildUG handeln möge, meint jedoch, infolge der verfassungsrechtlich geschützten Berufsausübungsfreiheit des Arbeitgebers aus Art. 12 GG sei eine verfassungskonforme Auslegung dieses Gesetzes notwendig mit der Maßgabe, dass die auf der fraglichen Veranstaltung zu vermittelnden Kenntnisse und Befähigungen für den Arbeitgeber jedenfalls ein geringes Mindestmaß von greifbaren Vorteilen mit sich bringen müsse, damit der Arbeitgeber mit Freistellungen und Kosten belastet werden könne.
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Klage war stattzugeben; sie ist zulässig und begründet.
I.
Für das Bestehen eines Feststellungsinteresses als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 ZPO ist vonnöten, dass sich aus der Klage Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft ergeben; im Falle eines abgelehnten Bildungsurlaubes kommt ein Schadensersatzanspruch auf nachträgliche Urlaubsgewährung in Betracht, der zur Begründung dieses Feststellungsinteresses hinreichend ist (BAG, Urt. v. 24.08.1993 – 9 AZR 473/90 – DB 1994 S. 582).
II.
Der Kläger hat auch Anspruch auf Freistellung für die streitbefangenen Veranstaltungen nach Maßgabe des Niedersächsischen Bildungsurlaubsgesetzes; die Ablehnung der Beklagten war rechtswidrig.
1.)
Der Kläger erfüllt das Anspruchserfordernis an einer sechsmonatigen Beschäftigung gem. § 2 Abs. 3 NBildUG.
2.)
Dem Kläger stehen demgemäß nach § 2 Abs. 4 NBildUG fünf Arbeitstage kalenderjährlich als Bildungsurlaub zu, wobei gem. § 2 Abs. 6 NBildUG der im Jahr 2002 nicht ausgeschöpfte Bildungsurlaubsanspruch noch im jetzigen Kalenderjahr geltend gemacht werden konnte.
3.)
Der Kläger hat den Bildungsurlaub mindestens vier Wochen vorher schriftlich beantragt, § 8 Abs. 1 NBildUG. Die Ablehnung der Beklagten erfolgte mehr als zwei Wochen vor Veranstaltungsbeginn, § 8 Abs. 4 BildUG.
4.)
Die Veranstaltungen sind auch anerkannt i.S.v. § 2 Abs. 1 i.V.m. §§ 10, 11 NBildUG; die Parteien streiten nicht um die Formalien des Anerkennungsverfahrens.
5.)
Die vom Kläger besuchten Veranstaltungen erfüllen auch die Voraussetzungen des § 1 NBildUG; ein Grund zur im Inhalt der Veranstaltung begründeten Versagung der Anerkennung der Veranstaltung nach § 11 Abs. 2 Ziff. 4 NBildUG ist entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung nicht gegeben.
a)
Nach § 1 NBildUG dient Bildungsurlaub der Erwachsenenbildung i.S.d. Niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetzes. Nach § 1 Abs. 1 S. 2 des Niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetzes (NEBG) ist Aufgabe der Erwachsenenbildung die Planung und Durchführung von Maßnahmen, die durch die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Beendigung einer un...