Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtschuldnerische Haftung des Arbeitgebers und des Mobbers auf Ersatz materieller und immaterieller Mobbingschäden. Mobbing. Schadenersatz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen der Feststellung einer mobbingbedingten Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts

2. Sind in einem zeitlichen Zusammenhang mit gerichtlich festgestellten Mobbinghandlungen Erkrankungen aufgetreten, die nach ärztlicher Feststellung auf psychischen Druck zurückzuführen sind, dann ist die Ursächlichkeit dieser Mobbinghandlungen für diese Erkrankungen indiziert.

3. Wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann von einem Mobber nach § 823 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 GG immaterieller Schadenersatz in Form einer Geldentschädigung beansprucht werden.

4. Bei Verletzung der Gesundheit seines Opfers ist der Mobber neben seiner Verpflichtung, dem Mobbingopfer materielle Gesundheitsschäden, wie etwa Erwerbseinbußen zu ersetzen, nach § 823 BGB i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB darüber hinaus zur Zahlung eines Schmerzensgelds verpflichtet.

5. Arbeitnehmer, die Mitarbeiter mobben, handeln im Hinblick auf eine mögliche Gesundheitsverletzung ihrer Opfer zumindest fahrlässig, denn sie müssen wegen der Eignung von Mobbingangriffen zur psychischen Destabilisierung einer Persönlichkeit zwangsläufig damit rechnen, dass diese früher oder später gesundheitliche Schädigungen hervorrufen.

6. Hat der Arbeitgeber dem Mobbinggeschehen keinen Einhalt geboten, haftet auch er jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens (Verletzung der Verkehrssicherungspflicht) auf der Grundlage des § 823 BGB auf Ersatz der von einem Mobber verursachten Schäden.

7. Es besteht eine rechtliches Interesse des Mobbingopfers daran, die Ersatzpflicht für künftig aufgrund seiner Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts und seiner Gesundheit eintretende und im Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht bestimmbare Schäden gerichtlich feststellen zu lassen.

8. Eine Kündigung wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten, die durch vom Arbeitgeber nicht unterbundenes Mobbing entstanden sind, ist mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht vereinbar.

 

Normenkette

GG Art. 1-2; BGB §§ 823, 831, 280, 278, 253 Abs. 2, § 241 Abs. 2

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. bestehende Arbeitsverhältnis weder durch fristlose Kündigung vom 16.06.2003 noch durch ordentliche Kündigung vom 16.06.2003 zum 30.09.2003 sein Ende gefunden hat.

2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, wegen systematischer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.09.2003 zu zahlen.

3. Die Beklagten werden gesamtschuldnerische verurteilt, wegen mobbingbedingter Verletzung der Gesundheit der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.500,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.09.2003 zu zahlen.

4. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin als Schadenersatz für entgangene Gehaltsansprüche folgende Beträge zu zahlen:

für den Monat Oktober 2002 204,92 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Bruttobetrag seit dem 22.09.2003,

für den Monat November 2002 194,52 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Bruttobetrag seit 22.09.2003,

für den Monat Dezember 2002 236,03 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Bruttobetrag seit dem 22.09.2003,

für den Monat Januar 2003 274,76 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Bruttobetrag seit dem 22.09.2003,

für den Monat Februar 2003 150,78 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Bruttobetrag seit dem 22.09.2003,

für den Monat März 2003 192,11 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Bruttobetrag seit dem 22.09.2003,

für den Monat April 2003 233,43 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Bruttobetrag seit dem 22.09.2003,

für den Monat Mai 2003 230,71 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Bruttobetrag seit dem 22.09.2003,

für den Monat Juni 2003 171,71 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Bruttobetrag seit dem 22.09.2003,

für den Monat Juli 2003 269,32 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Bruttobetrag seit dem 22.09.2003,

für den Monat August 2003 192,11 zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Bruttobetrag seit dem 22.09.2003,

für den Monat September 2003 177,39 zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Bruttobetrag seit dem 11.12.2003,

für den Monat Oktober 2003 205,87 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Br...

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