Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung wegen Diebstahls aus Passagiergepäck. Staatsanwaltlich angeordnete Videoüberwachung kann zu Beweiszwecken herangezogen werden

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Diebstahl aus Passagiergepäck rechtfertigt die fristlose Kündigung.

2. Es besteht kein Beweisverwertungsverbot von Staatsanwaltlich angeordneter Videoüberwachung von Gepäcktransportbändern.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1-2; StPO § 100c Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf DM 15.000,– festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Am … geborene Kläger, der verheiratet ist und für zwei minderjährige Kinder unterhaltspflichtig ist, steht seit dem 06. Mai 1991 mit der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis.

Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien offensichtlich Anwendung.

Mit Schreiben vom 02. Juni 2000, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 8 und 9 d. A.) hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich mit sofortiger Wirkung und hilfsweise fristgerecht zum 31. Dezember 2000 gekündigt.

Mit seiner Klage vom 09. Juni 2000, bei Gericht am 09. Juni 2000 eingegangen, wendet sich der Kläger gegen die ausgesprochene Kündigung.

Der Kläger bestreitet die im Kündigungsschreiben der Beklagten angegebenen Tatsachen und ist der Überzeugung, dass sie weder eine außerordentliche noch eine ordentliche Kündigung rechtfertigen könnten.

Zunächst beruft sich der Kläger auf ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 100 c Abs. 1 Nr. 1 a StPO angeordnete Überwachung per Videoaufzeichnung, da es sich bei dem überwachten Gepäckraum nicht um eine allgemein zugängliche Wohnung nach dem Begriff der StPO handele. Weiterhin mache er geltend, dass der Betriebsrat im Betrieb der Beklagten zu der Videoüberwachung keine Zustimmung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gegeben habe. Schließlich sei auch die Frist von zwei Wochen des § 626 Abs. 2 BGB von der Beklagten nicht eingehalten worden. Ein Vorwurf der Beklagten der Kläger habe Beihilfe zum Diebstahl geleistet sei nicht haltbar. Ein dringender Tatverdacht einer Beihilfehandlung sei aus dem beschriebenen Verhalten nicht erkennbar.

Der Kläger beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch eine außerordentliche mündliche Kündigung vom 22. Mai 2000 noch durch die außerordentliche und hilfsweise ordentliche schriftliche Kündigung der Beklagten vom 02. Juni 2000, zugegangen am 05. Juni 2000, beendet worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, der Klägers sei in ihrem Betrieb als Gepäckabfertiger innerhalb des Bereichs Bodenverkehrsdienste beschäftigt gewesen.

Vor dem Hintergrund stark ansteigender Strafanzeigen wegen Diebstahls von und aus Reisegepäck habe die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main die Durchführung von verdeckten Videoaufzeichnungen nach § 100 c Abs. 1 Ziffer 1 a StPO im Bereich der Gepäckabfertigung bei der Beklagten angeordnet. Die Maßnahme der Staatsanwaltschaft sei vom 11. Dezember 1999 bis zum 11. März 2000 durchgeführt worden.

Außer einzelnen Mitarbeitern des Flughafenschutzdienstes, die von der Staatsanwaltschaft besonders verpflichtet worden seien, hätten Mitarbeiter der Beklagten keine Kenntnis von der Videoüberwachung gehabt.

Nach Abschluss der Maßnahme am 11. März 2000 habe die Kriminalpolizei die sehr umfangreichen Videoaufzeichnungen ausgewertet.

Aus der Auswertung des gewonnenen Videoaufzeichnungsmaterials durch die Staatsanwaltschaft habe sich ergeben, dass der Kläger am 22. Januar 2000 von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr mit Kollegen zur Gepäckabfertigung im Gate-Gepäckraum A. 19 eingesetzt worden sei. Der Kläger sei dabei als Codierer tätig gewesen. Auf den Videoaufzeichnungen sei zu sehen, dass der Kläger zusammen mit Kollegen an der Codierstelle im Gate-Gepäckraum A. 19 tätig ist Während der Aufleger Gepäckstücke im Container öffnet, prüfe der Kläger als Codierer die Umgebung ab, um gegebenenfalls den Aufleger zu warnen, wenn sich jemand dem Container nähert.

Im Zeitraum von 15.13 Uhr bis 16.11 Uhr hätten zwei Kollegen des Klägers mehr als 19 Gepäckstücke teilweise mit Gewalt geöffnet und durchwühlt. Der Kläger habe nicht durchwühlt sondern die Gepäckstücke eincodiert. Außerdem habe der Kläger einem Kollegen einen Schraubendreher gereicht, den dieser zum Aufhebeln eines Koffers benutzt habe. Nachdem der Koffer so geöffnet worden sei habe der Kläger einen Gegenstand daraus entnommen ihn wieder hineingelegt und sich sodann mit dem Koffer aus dem Bild entfernt.

Mit Schreiben vom 16. Mai 2000 sei der Flughafenschutzdienst von der Kriminalpolizei darüber unterrichtet worden, dass die Auswertung der Videoaufzeichnung ergeben habe, dass insgesamt 22 Beschäftigte der Dienststelle …, darunter auch der Kläger, des Diebstahls bzw. der Beihilfe hierzu verdächtig seien.

Im Rahmen der Durchsuchung am 19. Mai 2000 sei die Beklagte über das Ergebnis der verdeckt...

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