Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung. Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach § 79 Abs. 3 Nr. 15b LPersVG Baden-Württemberg. Mitteilung einer längeren Befristungsdauer gegenüber dem Personalrat als diejenige, die mit dem Arbeitnehmer vereinbart wurde

 

Nachgehend

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 14.10.2010; Aktenzeichen 11 Sa 21/10)

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht auf Grund der Befristungsvereinbarung vom 9.7.2007 mit Ablauf des 14.7.2009 geendet hat.

2. Das beklagte Universitätsklinikum wird verurteilt, die Klägerin über den 14.7.2009 hinaus zu unveränderten Bedingungen nach dem Arbeitsvertrag vom 9.7.2007 weiter zu beschäftigen.

3. Das beklagte Universitätsklinikum trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Der Streitwert wird auf 46.200,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit der Befristung des zwischen ihnen geschlossenen Arbeitsvertrags zum 14.07.2009.

Die Klägerin war seit dem 15.07.2007 bei dem beklagten Universitätsklinikum.beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag der Arbeitsvertrag vom 09.07.2007 zugrunde (vgl. auszugsweise Anlage A 1, ABl. 6). Danach war die Klägerin vom 15.07.2007 bis 14.07.2009 beschäftigt. Die Klägerin verdiente EUR 1.100,– brutto monatlich. Der zuständige Personalrat wurde zur Einstellung der Klägerin für den Zeitraum vom 15.07.2007 bis 14.07.2008 „wegen Teilzeit- und Befristungsgesetz” beteiligt (vgl. Anlage A 6, ABl. 11 ff). Er erteilte hierzu seine Zustimmung. Mit Schreiben vom 08.04.2009 (Anlage A 2, ABl. 7) teilte das beklagte Universitätsklinikum mit, dass das Arbeitsverhältnis zum 14.07.2009 aufgrund des Arbeitsvertrages ende.

Die Klägerin ist der Auffassung, der abgeschlossene Arbeitsvertrag sei mangels korrekter Beteiligung des Personalrates unwirksam.

Die Klägerin stellt zuletzt folgende Anträge:

  1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 09.07.2007 mit dem Ablauf des 14.07.2009 geendet hat.
  2. Im Falle des Obsiegens mit Klagantrag zu 1 das beklagte Universitätsklinikum zu verurteilen, die Klägerin über den 14.07.2009 hinaus zu unveränderten Bedingungen nach dem Arbeitsvertrag vom 09.07.2007 weiter zu beschäftigen (ehemals Antrag zu 3)

Nachdem das beklagte Universitätsklinikum in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass außer der streitgegenständlichen Befristungsvereinbarung weitere Beendigungstatbestände nicht ausgesprochen worden seien und das Schreiben vom 08.04.2009 keine eigenständige Beendigungserklärung beinhalte, hat die Klägerin den allgemeinen Feststellungsantrag zu 2 sowie die entsprechende Formulierung in Antrag zu 1 zurückgenommen.

Das beklagte Universitätsklinikum beantragt:

Die Klage abzuweisen.

Das beklagte Universitätsklinikum ist der Auffassung, das Mitbestimmungsrecht des Personalrats sei nicht verletzt worden. Mit der Klägerin sei mündlich eine Befristungsdauer von 12 Monaten vereinbart worden. Lediglich durch ein Versehen der zuständigen Personalsachbearbeiterin sei hiervon abweichend eine Befristungsdauer von 24 Monaten in den Arbeitsvertrag aufgenommen worden. Durch die Vereinbarung einer nach dem TzBfG zulässigen längeren Vertragslaufzeit sei der Schutzzweck des Mitbestimmungsrechtes des Personalrates nicht berührt. Da der Personalrat bereits zur sachgrundlosen Befristung von 12 Monaten nach § 14 Abs. 2 TzBfG zugestimmt habe, hätte er erst recht einer entsprechenden sachgrundlosen Befristung von 24 Monaten zugestimmt. Der Personalrat habe jedenfalls die Möglichkeit gehabt, die Interessen der Klägerin zu vertreten und zu wahren. Dennoch habe er nicht auf eine längere Befristungsdauer hingewirkt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschriften über den Güte- und Kammertermin verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Kammer ist der Auffassung, die Befristung ist unwirksam, weil der Personalrat zu einer 2-jährigen Befristung nicht im Sinne des § 79 Abs. 3 Nr. 15 b LPersVG Baden-Württemberg beteiligt wurde.

1. Gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 15 b LPersVG hat der Personalrat auch mitzubestimmen über die Zeit- oder Zweckbefristung des Arbeitsverhältnisses.

a) Damit hat der Gesetzgeber des Landes Baden-Württemberg das Mitbestimmungsrecht des Personalrats über die Einstellung eines Arbeitnehmers hinaus auch auf die inhaltliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses erstreckt und die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers eingeschränkt. Eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts nach § 79 Abs. 3 Nr. 15 b LPersVG Baden-Württemberg führt zur Unwirksamkeit der Befristungsabrede (vgl. LAG Baden-Württemberg 15.02.2007 – 3 Sa 50/06 – Rd.-Nr. 18, DJ 2008, 29 ff; zur inhaltsgleichen Regelungen des LPersVG Nordrhein-Westfalen vgl. BAG 20.02.2002 – 7 AZR 707/00 – Rd.-Nr. 14 m.w.N., NZA 2002, 811 ff; zum LPersVG Rheinland-Pfalz vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28.02.2001 – 9 Sa 145...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge