Leitsatz (amtlich)
1. Der Betriebsrat hat einen im einstweiligen Verfügungsverfahren durchsetzbaren Anspruch darauf, daß der Arbeitgeber den Betriebsratsmitgliedern den Zutritt auch zu den einzelnen Arbeitsplätzen der Beschäftigten ermöglicht. Der Nachweis eines berechtigten Interesses an dem Zugang ist nicht erforderlich.
2. Das Zugangsrecht erstreckt sich auch auf solche Räume, deren Betreten nur bestimmten Beschäftigten erlaubt ist. Der Arbeitgeber darf den Betriebsrat nicht darauf verweisen, daß die Information der in solchen Bereichen beschäftigten Mitarbeiter nur außerhalb der nicht allgemeinzugänglichen Räume erfolgen darf.
Tenor
Den Antragsgegnerinnen wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines Ordnungsgeldes für den Fall der Zuwiderhandlung von bis zu DM 500.000,00 (Deutsche Mark fünfhundertausend) untersagt, den Mitgliedern des Beteiligten zu 1) den Zugang zu den Räumlichkeiten des Lagerbereichs im Betrieb der Antragsgegnerinnen zu verwehren.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um das Zugangsrecht von Mitgliedern des Beteiligten zu 1) zu den Räumlichkeiten des Lagerbereichs im Betrieb der Beteiligten zu 2) und 3)
Der Beteiligte zu 1) ist der im Betrieb der Beteiligten zu 2) und 3) gebildete gemeinsame Betriebsrat. Bei letzteren werden ca. 217 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, davon ca. 40 im Lagerbereich. Dort befindet sich auch das Uhrenlager. Der Zutritt ist nur mit einer Code-Karte möglich.
Am 22. April, 23. April und 24. April 1997 fanden im Betrieb der Beteiligten zu 2) und 3) Betriebsversammlungen statt, in denen es u.a. um den Abschluß eines Haustarifvertrages ging.
Mit Memo vom 23. April 1997 teilten Personalleitung und kaufmännische Leitung dem Beteiligten zu 1) mit, daß Informationen an die Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen außerhalb des Lagerbereichs gegeben werden müssen (Anlage Ast 1, Bl. 10 d. A.).
Der Beteiligte zu 1) wendet sich mit seinem Antrag gegen Einschränkungen des Zugangsrechts zum Lagerbereich durch die Beteiligten zu 2) und 3). Er trägt vor, diese hätten am 23. April 1997 einigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Uhrenlager verboten, an der Betriebsversammlung teilzunehmen. Als sich daraufhin Mitglieder des Betriebsrats in das Uhrenlager begeben hätten, sei ihnen vom kaufmännischen Leiter der Beteiligten zu 2) und 3), Herrn … gesagt worden, daß sie im Sicherheitsbereich nichts zu suchen hätten und sie seien dann – unstreitig – von diesem aufgefordert worden, den Lagerbereich zu verlassen. Außerdem habe Herr ihnen in etwa erklärt: „Verlassen Sie den Raum, sonst lasse ich Sie abtransportieren”. Daraufhin hätten die Mitglieder des Beteiligten zu 1) das Uhrenlager verlassen. Auch am 24. April 1997 sei ca. 5 Mitarbeitern aus dem Lager die Teilnahme an der Betriebsversammlung verboten worden. Deswegen seien an diesem Tage die Mitglieder des Beteiligten zu 1), Herr und Herr, erneut zum Lager gegangen. Dabei sei ihnen von Herrn der Weg versperrt worden. Dabei sei Herr verletzt worden und habe sich in ärztliche Behandlung begeben müssen. Telefonisch seien die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lagerbereichs nicht ohne weiteres erreichbar, da das Telefon nur vom Abteilungsleiter bedient werde. Der Beteiligte zu 1) hat eine eidesstattliche Versicherung seines Mitgliedes unter dem Datum des 30. April 1997 vorgelegt (Bl. 11 d. A.).
Der Beteiligte zu 1) beantragt,
den Antragsgegnerinnen im Wege der einstweiligen Verfügung – bei Meidung eines Ordnungsgeldes für den Fall der Zuwiderhandlung bis zu DM 500.000,00 – zu untersagen, den Mitgliedern des Beteiligten zu 1) den Zugang zu den Räumlichkeiten des Lagerbereichs im Betrieb der Antragsgegnerinnen zu verwehren.
Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie sind der Meinung, ein Verfügungsanspruch sei nicht gegeben, da das Zugangsrecht des Betriebsrats nicht grenzenlos bestehe. Voraussetzung dafür sei zum einen, daß das Zugangsrecht für die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich sei Werde vom Betriebsrat – wie hier – ein berechtigtes Interesse an dem Zugang nicht behauptet bzw. dargelegt, so bestehe kein Zugangsrecht zu einzelnen Arbeitsplätzen. Dies gelte insbesondere, wenn es um die Einladung zu einer Betriebsversammlung gehe und andere Informationsmöglichkeiten – wie das schwarze Brett – im Betrieb bereitstünden. Im übrigen sei ein Zugang zum Lager für den Beteiligten zu 1) nach vorheriger Absprache jederzeit möglich. Hinzu komme, daß die Mitarbeiter der Logistik stets telefonisch erreichbar seien. Den Mitarbeitern im Lagerbereich sei im übrigen nicht verboten worden, die Betriebsversammlung zu besuchen. Vielmehr hätten die Betriebsratsmitglieder versucht, auf diese Druck auszuüben, um sie zu bewegen, an der Betriebsversammlung teilzunehmen. Dabei habe Herr Herrn angerempelt. Dazu machen die Beteiligten zu 2) und 3) weitere Ausführungen. Die an drei Tagen nacheinander stattfindenden Betriebsversammlungen seien als unzulässige Mittel des Arbeitskampfs zu...