Entscheidungsstichwort (Thema)
internationale und örtliche Zuständigkeit nach EuGVVO
Leitsatz (amtlich)
1. Die internationale und örtliche Zuständigkeit deutscher Arbeitsgerichte bestimmt sich im Rahmen der Anwendbarkeit der EuGVVO nach Art. 18 bis 21, 4, 5 Nr. 5 EuGVVO.
2. Bei Klagen eines Außendienstmitarbeiters gegen seinen Arbeitgeber, der an seinem Wohnsitz eine Homeoffice unterhält und von dort aus seine Außendiensttätigkeit organisiert ist das Gericht des Wohnsitzes des Arbeitnehmers örtlich wie international zuständig.
3. Daneben kommt ein Gerichtsstand gem. Art. 5 Nr. 5 EuGVVO mit einem entsprechenden Wahlrecht für den Arbeitnehmer in Betracht.
4. Für das Vorliegen eines Gerichtsstandes gem. Art. 5 Nr. 5 EuGVVO ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweislastig. Er muss nicht nur eine Niederlassung im Bezirk des angerufenen Gerichts sondern auch darlegen und ggf. beweisen, dass die Klage einen Bezug zu dieser Niederlassung hat.
Tenor
1. Das Arbeitsgericht Karlsruhe erklärt sich für örtlich unzuständig.
2. Der Rechtsstreit wird an das zuständige Arbeitsgericht Frankfurt am Main verwiesen.
Tatbestand
I.
Mit ihrer per Telefax am 06.11.2006 eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen eine Kündigung der Beklagte vom 30.10.2006 (Klageschrift Aktenbl. 1 ff.).
Die Klägerin ist wohnhaft in K..
Die Beklagte hat ihren Sitz in Luxemburg.
Die Klägerin ist für die Beklagte im Außendienst als „Area Sales Representative” tätig. Sie unterhält an ihrem Wohnsitz ein Homeoffice, von dem aus sie sämtlichen Schriftverkehr führt. Für Kunden ist sie in ihrem Homeoffice unter ihrer Wohnanschrift erreichbar. Von dort aus nimmt sie auch ihre Außendiensttätigkeit für die Beklagte wahr. Der Klägerin ist als Betreuungsgebiet das Gebiet „West” zugewiesen. Dies umfasst die Bundesländer Baden-Württemberg, teilweise Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland.
Die Beklagte betreibt ihre Aktivitäten in der Bundesrepublik Deutschland durch Gebietsrepräsentanten, die ausschließlich für administrative Zwecke an ihren jeweiligen Wohnorten ein sog. Homeoffice unterhalten. Geschäftskontakte werden im Wesentlichen bei den J. D. Vertriebspartnern bzw. den Käufern der Produkte des J. D. Konzerns getätigt. Disziplinarische Maßnahmen wie Abmahnungen oder Kündigungen obliegen der alleinigen Verantwortlichkeit des in Luxemburg ansässigen Personalleiters der Beklagten. Von dort aus wurde auch die Kündigung der Klägerin ausgesprochen. Sie wurde allerdings von Bruchsal aus an die Klägerin verschickt. Sämtliche entgeltrelevanten Verfügungen erfolgen ausschließlich von Luxemburg aus. Auch das sog. „back office” für die Klägerin sitzt in Luxemburg.
Der Arbeitsvertrag der Klägerin wurde nicht in Bruchsal geschlossen. Die Klägerin wurde zunächst von der L N C PLC in Frankfurt (Arbeitsvertrag Abl. 38 f.) eingestellt. Das Arbeitsverhältnis ging dann durch zahlreiche Betriebsübergänge auf die Beklagte über (Einzelheiten Abl. 28 ff.)
Die Klägerin trägt vor, die Beklagte unterhalte in Bruchsal eine Niederlassung. Die Arbeitsverträge der in Deutschland Beschäftigten würden von dort aus gelenkt. Sämtliche Kunden die von der Klägerin akquiriert wurden, würden von dort aus betreut. Auch würde die Beklagte von dort aus Kreditverträge abschließen. Sitzungen würden dort ebenfalls abgehalten. Daher ist sie der Ansicht, dass ein Gerichtsstand in Karlsruhe gegeben sei.
Die Klägerin beantragt hilfsweise für den Fall, dass das Gericht von seiner örtlichen Unzuständigkeit ausgeht,
die Verweisung an das Arbeitsgericht Frankfurt am Main.
Die Beklagte geht davon aus, dass die Klage mangels internationaler Zuständigkeit des angerufenen Gerichts unzulässig ist. Eine Verweisung nach Frankfurt scheide aus, da in der Bundesrepublik Deutschland kein Gerichtsstand der Beklagten für dieses Verfahren bestehe. Die Beklagte unterhalte in Bruchsal keine Niederlassung, sondern nur eine Repräsentanz im Sinne des § 53a KWG. Dies stelle keine Niederlassung der Beklagten dar. Dadurch dass diese Räume zur Abhaltung von Sitzungen, Schulungen, Marketingabstimmungen, Sammlung volkswirtschaftlicher Informationen sowie der Werbung für die Beklagte genutzt würden, entstehe keine Niederlassung.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 09.11.2006 wurde auf Bedenken gegen die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts hingewiesen. Die Parteien erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Entscheidungsgründe
II.
Das Arbeitsgericht Karlsruhe ist örtlich nicht zuständig.
Der Rechtsstreit ist deshalb auf die Rüge der Beklagten im Schriftsatz vom 22.12.2006 gem. § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG i.Verb.m. § 17 a Abs. 4 GVG an das örtlich zuständige Arbeitsgericht Frankfurt am Main zu verweisen.
Die Entscheidung erfolgt durch den Vorsitzenden ohne mündliche Verhandlung gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 i.Verb.m. § 55 Abs. 1 ArbGG, nachdem den Parteien zuvor rechtliches Gehör gewährt wurde.
Die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main ergibt sich aus Artikel 19 Nr. 2 lit. a) EuGVVO. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts mit der Fol...