Nachgehend

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 12.04.2002; Aktenzeichen 16 Sa 111/01)

 

Tenor

1 Die Klage wird abgewiesen.

2 Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streiwert wird festgesetzt auf DM 10.000,00.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Entfernung einer Abmahnung vom 15.12.2000 aus seiner Personalakte.

Der Kläger ist seit dem 01.08.1977 bei dem Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger, einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt als Redakteur und Reporter beschäftigt.

Im Rahmen der Sendung „SWR 2 aktuell” vom 15.03.1999 führte der Kläger ein live gesendetes Telefoninterview mit dem Korrespondenten … in Pristina/Kosovo. Die Schlussfrage des Klägers in diesem Live-Interview lautete:

„Was erfahren Sie über die Urheber der „Bombenanschläge”der letzten Tage? Da muss man ja nach dem angeblichen Massaker von Racak, das nach internationalen Untersuchungen keines gewesen ist etwas vorsichtig sein, weil damit Propaganda und Politik gemacht wird.”

Die Anwort des Korrespondenten in Pristina lautete wie folgt.

„Man muss damit vorsichtig sein, das stimmt – wobei immer noch die OSZE hier, die ja ihre Beobachter unmittelbar nach dem Massaker von Racak – wenn Sie das ansprechen – vor Ort hatte, dabei bleibt dies war ein klassisches Massaker, hier sind Zivilisten aus der Nähe buchstäblich exekutiert worden. Wir werden ja übermorgen den Bericht der finnischen Pathologen und Gerichtsmedizmer hier auch in Pristina vorgelegt bekommen, vielleicht erfahren wird dann näheres – so vorsichtig man sein muss, aber jedenfalls es ist klar, dass es bisher vor allem aufgrund, äh, auf Seiten der Serben hier Terror gibt gegen die albanische Bevölkerung. Diese Bomenanschläge aber vom Wochenende, die haben nun auch serbische Menschenleben gefordert, es gibt niemand bisher, der sich dazu bekannt hat, es ist einfach auch dies der Wahnsinn des Krieges, in dem Fall eben Terrorismus”

Daraufhin wurde der Kläger vom Leiter der Abteilung „Zentrale Information …” des Beklagten unter dem 18.03.1999 schriftlich abgemahnt.

Das. Schreiben enthielt folgenden Text:

„Lieber …

ich muss eine Formulierung von Dir in der 12.00 Uhr-Sendung vom 15.03.99 abmahnen. Frage an den Korrespondenten … im Kosovo: „Was erfahren Sie über die Urheber der Bombenanschläge der letzten Tage? Da muss man ja nach dem angeblichen Massaker von Racak, das nach internationalen Untersuchungen keines gewesen ist, etwas vorsichtig sein, weil damit Propaganda und Politik gemacht wird”.

Diese Formulierung ergreift in unakzeptabler Weise Partei, indem sie sich an die serbische Propaganda anlehnt Damit werden nachträglich die Opfer verhöhnt darunter auch eine Frau und ein Kind. Es gibt keine einzige Untersuchung, die den Massaker-Vorwurf widerlegt Auch die Aussage von weißrussischen Pathologen, dass die Schüsse aus einer gewissen Distanz abgegeben worden seien, widerlegt die These nicht, dass hier Zivilisten ermordet wurden. Die These, es handle sich um als Zivilisten verkeidete Kämpfer der UCK, findet sich ausschließlich in der Propaganda der serbischen Medien. Wir sind nicht dazu da, diese Propaganda unreflektiert weiterverbreiten, sondern aufzuklären, zumindest aber darüber, dass bisher kein Untersuchungsergebnis vorliegt, das die serbische Darstellung stützt.

Dass es sich hier um einen Terroranschlag gegen Zivilisten handelt, war das Ergebnis der ersten Prüfungen der OSZE-Beobachter vor Ort. Das Gegenteil konntest Du vor dem Abschluss der EU-Untersuchungen durch das finnische Expertenteam auf keinen Fall so behauptet: Dieses heute veröffentlichte Ergebnis lautet im übrigen „… dass es keine Hinweise dafür gibt dass es sich bei den Betroffenen nicht um unbewaffnete Zivilpersonen handelte” Es gab auch keine Schießrücksstände an den Händen, wie es die serbische Propaganda immer wieder behauptet hat. Die meisten Todesschüsse waren entgegen der Behauptung der weißrussischen Pathologen Genickschüsse und Kopfschüsse von hinten, die etwa zur gleichen Zeit abgegeben worden sind.

Noch eine weitere solche unverantwortliche, die Fakten entstellende Moderation, hat ein sofortiges Moderationsverbot zur Folge.”

Unter anderem diese Abmahnung war Gegenstand eines Rechtsstreits zwischen den Parteien vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe (Az.: 4 Ca 319/99) sowie dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Az.: 12 Sa 7/00).

Das erstinstanzliche Gericht war davon ausgegangen, dass es sich bei dem Schreiben vom 18.03.1999 nicht um eine Abmahnung im Rechtssinne handele. Das Berufungsgericht war gegenteiliger Auffassung und verurteilte den Beklagten antragsgemäß zur Entfernung der Kopien des Schreibens vom 18.03.1999 aus den Akten der Hörfunk-Chefredaktion und der Personalverwaltung des Beklagten. Zur materiellen Begründung hatte das Berufungsgericht ausgeführt, das Schreiben enthielte eine Mischung aus richtiger Sachvefhaltsdarstellung und unberechtigten ehrenrührigen Werturteilen und Unterstellungen tatsächlicher Art. Der Beklagte habe zu Recht gerügt, dass es bis zum Zeitpunkt des I...

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