Verfahrensgang

ArbG Kiel (Beschluss vom 10.03.2003)

 

Tenor

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichtes Kiel vom 10.03.2003 wird aufgehoben.

2. Die Anträge werden zurückgewiesen.

3. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 60.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Durchführung von Arbeitskampfmaßnahmen im Kieler Betrieb der Verfügungsklägerin.

Die Verfügungsklägerin ist Mitglied im Tarifträgerverband Nordmetall. Sie unterhält am Kieler Standort einen Betrieb mit der Entwicklung („P.”) und Produktion („D.” und „P.”). sowie als Tochtergesellschaft einen eigenständigen Betrieb, die ausschließlich Entwicklung („D.”) betreibt. Die Zahl der im Betrieb der Verfügungsklägerin Beschäftigten beträgt derzeit 1.046 Mitarbeiter (Zahl zuzüglich Auszubildende). Am 01.04.2003 – nach Abschluss einer mit dem Betriebsrat vereinbarten Restrukturierung des Bereichs „P.” voraussichtlich 1.005 Beschäftigte.

Seit einer Verschmelzung auf die Verfügungsklägerin im Jahre 1997 erzielt die Verfügungsklägerin Verluste. Eine nachhaltige Stabilisierung ist nicht absehbar. Die Verfügungsklägerin plant daher eine Betriebsänderung in Form einer Betriebseinschränkung durch Schließung der Produktion und Reduzierung der hiermit verbundenen unterstützenden Funktionen. Ein großer Teil der Produktion soll in den Hauptbetrieb der Verfügungsklägerin nach Wiesloch verlagert werden. Die Montage der Farbdruckmaschine „P 2100” soll in einem eigenen Montagebetrieb in Ro./USA durchgeführt werden. Die Umsetzung dieser Planung wird zu einem Abbau von jedenfalls 562 Arbeitsplätzen in Kiel führen; die genaue Höhe ist zwischen den Parteien streitig. Der Kieler Standort würde im Wesentlichen zu einem Entwicklungsstandort werden.

Im Oktober 2002 unterrichtete die Verfügungsklägerin ihren Wirtschaftsausschuss über die Planungen und leitete zugleich Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich ein. Nachdem auf innerbetrieblicher Ebene kein Interessenausgleich zu erzielen war, einigten sich die Betriebsparteien durch gerichtlichen Vergleich in dem Verfahren 3 BV 67/02 (vgl. dazu Kopie des Protokolls der mündlichen Verhandlung des Arbeitsgerichts vom 10.01.2003, Bl. 85 und 86 d. A.) auf einen Vermittlungsversuch des Präsidenten des Landesarbeitsamtes gemäß § 112 Abs. 2 BetrVG sowie auf ein Einigungsstellenverfahren ab dem 01.03.2003 für den Fall der Nichteinigung. Das Einigungsstellenverfahren blieb ohne Ergebnis, so dass das Einigungsstellenverfahren in Gang gesetzt wurde. Der erste Verhandlungstermin ist auf den 26. März 2003 anberaumt. Gegenstand des Einigungsstellenverfahrens ist der Versuch eines Interessenausgleichs. Ein Sozialplan wurde bislang vom Betriebsrat nicht gefordert. Über die Zuständigkeit der Einigungsstelle besteht zwischen den Parteien Streit.

Mit Schreiben vom 18.12.2002 (Bl. 38 d. A.) kündigte die Verfügungsbeklagte zu 2.) § 14 Ziffer 1 (Allgemeines), Ziffer 2 (Kündigungsfristen) und Ziffer 5 (Formvorschrift) des zwischen Nordmetall und IG Metall abgeschlossenen Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten der Metallindustrie in Schleswig-Holstein und Umgebung.

Im Rahmen der Verhandlungen zu einem einheitlichen Entgeltrahmentarifvertrag für Arbeiter und Angestellte haben die Verfügungsbeklagten zu 1.) und 2.) Forderungen zum Thema „Qualifizierung” eingebracht (Bl. 40 bis 42 d. A.).

In einer ersten Verhandlung vom 04. März 2003 ist unter anderem über die Forderung der IG Metall nach Neufassung der tariflichen Kündigungsfristen auf der Basis der gesetzlichen Regelung (§ 622 Abs. 1 bis 3 BGB) verhandelt worden.

Mit einem Schreiben der Verfügungsbeklagten zu 2.) vom 18.12.2002 (Bl. 31 und 32 d. A.) wurde die Verfügungsklägerin aufgefordert, einen auf den Kieler Betrieb der H. D. AG bezogenen Verbandstarifvertrag abzuschließen.

In diesem Scheiben heißt es:

„Wir denken, dass es unsere gemeinsame Verantwortung als Tarifvertragsparteien ist, dazu beizutragen, dass der Kieler Standort gesichert und nachteilige Folgen für die Beschäftigten des Unternehmens und die Region vermieden oder gemindert werden. Zu diesem Zweck schlagen wir Ihnen vor, mit uns in Verhandlungen über eine auf den Kieler Betrieb Ihres Mitgliedsunternehmens bezogenen Verbandstarifvertrages einzutreten ….”

Mit einem gemeinsam unterzeichneten Flugblatt von Mitte Dezember 2002 (Bl. 30 d. A.) stellten Betriebsrat und die betrieblichen Vertrauensleute der IG Metall ihre tariflichen Forderungen auf:

  1. ”Für eine betriebsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber gilt eine Grundkündigungsfrist von drei Monaten zum Quartalsende. Die Grundkündigungsfrist verlängert sich um jeweils zwei Monate für jedes volle Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses.
  2. Beschäftigte, die betriebsbedingt gekündigt werden, haben nach Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf

    • Qualifizierungsmaßnahmen für alle Beschäftigte bis zu 24 Monate unter Fortzahlung der Vergütung. Auszubildende erhalten nach Abschluss ihrer B...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge