Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Streitwert beträgt 10.800,– Euro.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses angesichts einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung wegen Nichttragens eines Mund-Nasen-Schutzes.
Der geborene Kläger, verheiratet und einem Kind zum Unterhalts verpflichtet, ist seit dem 1.1.2015 bei der Beklagten als Servicetechniker im Außendienst zu einem monatlichen Bruttogehalt von 3.600,– Euro beschäftigt. Er betreut hierzu Kunden der Beklagten am jeweiligen Kundenstandort.
Aufgrund der Pandemiesituation erteilte die Beklagte allen Servicetechnikern die Anweisung, bei der Arbeit beim Kunden eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Diese wurde von den Kunden bei Beauftragung ausdrücklich angefordert. Im April 2020 erfolgte eine entsprechende Gefährdungsbeurteilung für Kundendiensttechniker, die im Intranet allen Mitarbeitern zugänglich gemacht wurde.
Am 1.12.2020 erhielt der Kläger für den Folgetag einen Serviceauftrag bei einem Kunden …, der ausdrücklich auf die Maskentragepflicht hingewiesen hatte. Der Kläger wandte sich unmittelbar an einen Mitarbeiter des Kunden und teilte diesem mit, dass er keine Maske tragen und den Auftrag nicht durchführen werde. Mit Mail vom 1.12.2020 unter dem Betreff „Rotzlappenbefreiung” reichte der Kläger bei der Beklagten ein auf den 26.6.2020 datiertes Attest auf Blankopapier (Anlage B 2 = Bl. 30) einer Frau …, Fachärztin für Innere Medizin ein. Hier heißt es:
„Hiermit bestätige ich, dass es für Patient/Patientin
Name:
aus medizinischen Gründen unzumutbar ist, eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der SARS-COV-2 Eindämmungsmaßnahmenverordnung zu tragen.”
Daraufhin erteilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben gleichen Tages die Weisung, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen und teilte mit, dass sie das Attest mangels konkreter nachvollziehbarer Angaben nicht anerkenne, gegen Vorlage eines entsprechenden Beleges aber die Kosten für den medizinischen Mund-Nasen-Schutz übernehmen werde (Anlage B 1 = Bl. 29). Ferner bot sie dem Kläger einen Termin am 3.12.2021 beim B.A.D. Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH zur Prüfung der arbeitsbezogenen Eignung an, den der Kläger ablehnte.
Am 11.12.2020 mahnte die Beklagte den Kläger wegen der Ablehnung des Auftrages für den 2.12.2021 bei dem Kunden … ab (Anlage B 3 = Bl. 31).
Am 2.12.2021 sandte der Kläger mit dem Absender „… Mensch mit natürlicher Person entspr. § 1 des Staatlichen BGB, Stand 1896…” ein Schreiben an die Beklagte, in dem er Ausführungen zum Anlass seiner Gesundheitsbeeinträchtigungen machte. Dieses Schreiben unterzeichnete er mit „… aus dem Hause Paul”; wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 3
Am 4.1.2021 wies die Beklagte dem Kläger einen Einsatz für den Folgetag zu. Der Kläger teilte am 5.1.2021 mit, dass er den Einsatz nur durchführen werde, wenn er keine Maske tragen müsse.
Am 5.1.2021 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu der beabsichtigten Kündigung an; wegen der Einzelheiten wird auf Anlage B 4 (Bl. 47 f.) verwiesen. Der Betriebsrat gab keine Stellungnahme ab.
Am 11.1.2021 kündigte die Beklage außerordentlich und hilfsweise ordentlich. Hiergegen richtet sich die am 27.1.2021 eingegangene Klage.
Der Kläger meint, er habe berechtigterweise das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes verweigern dürfen und dies ausreichend durch das Attest der Frau Dr. … nachgewiesen. Der Kläger hatte die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung gerügt.
Der Kläger zuletzt noch beantragt,
- es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung noch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 11.01.2021 beendet wird.
- Im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. wird die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Außendienstmitarbeiter weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte bezweifelt die Echtheit des Attestes vom 26.6.2021 und weist auf die Verpflichtungen aus der Coronaschutzverordnung hin. Die Eigenbeurteilung des Klägers sei nicht geeignet gewesen, die Ausnahme zur Tragepflicht zu begründen. Aufgrund der drohenden finanziellen Nachteile und Haftungsrisiken sei es ihr nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.
Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsprotokolle verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
I. Der Feststellungsantrag ist unbegründet.
1. Auf das zwischen den Parteien vereinbarte Arbeitsverhältnis ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar. Der Kläger war zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungen mehr als sechs Monate ununterbrochen beschäftigt (§ 1 Abs. 1 KSchG). Die...