Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Servicetechnikers im Außeneinsatz wegen der beharrlichen Verweigerung des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung
Leitsatz (amtlich)
1) Die beharrliche Verweigerung, einer rechtmäßigen Weisung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung Folge zu leisten, kann jedenfalls nach Ausspruch einer einschlägigen Abmahnung geeignet sein, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.
2) Enthält ein ärztliches Attest keinerlei nachvollziehbaren Angaben zur Befreiung von der Maskenpflicht obliegt es dem Arbeitnehmer, Gründe für die Befreiung von der Maskenpflicht schlüssig darzulegen.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1; ArbSchG § 5 Abs. 1; GewO § 106; BetrVG § 102 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 17.06.2021 - 12 Ca 450/21 - wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung sowie über die Weiterbeschäftigung des Klägers.
Der am 1964 geborene, verheiratete und gegenüber einem Kind unterhaltsverpflichtete Kläger ist seit dem 01.01.2015 bei der Beklagten als Servicetechniker für das Bundesgebiet im Außendienst zu einer monatlichen Bruttovergütung von ca. 3.600,00 Euro beschäftigt.
Die Beklagte vertreibt Maschinen und CNC-Komplettlösungen einschließlich ggf. erforderlicher Software. Sie beschäftigt ca. 130 Arbeitnehmer. Im Rahmen des Kundendienstes werden die Kunden vor Ort betreut. Bei der Beklagten ist ein Betriebsrat gebildet.
Im April 2020 erstellte die Beklage auf Grund der bestehenden Pandemielage eine Gefährdungsbeurteilung für Kundendiensttechniker, die für alle Mitarbeiter im Intranet zugänglich war und in der festgelegt wurde, dass als persönliche Schutzausrüstung ein Mund-/Nasenschutz zu tragen ist. Dieses entsprach auch den von den Kunden der Beklagten gestellten Anforderungen.
Am 01.12.2020 erhielt der Kläger den Auftrag, am 02.12.2020 einen Serviceauftrag bei einem Kunden durchzuführen, der darauf hingewiesen hatte, dass er auf das Tragen einer Maske bestehe. Der Kläger kontaktierte daraufhin unmittelbar einen Mitarbeiter des Kunden und teilte diesem mit, dass er keine Maske tragen und den Auftrag nicht durchführen werde. Mit E-Mail vom 01.12.2020, die den Betreff "Rotzlappenbefreiung" aufwies, übersandte der Kläger der Beklagten ein mit Datum vom 26.06.2020 auf Blankopapier ausgestelltes Schreiben einer Frau I H , Fachärztin für Innere Medizin, mit folgendem Wortlaut:
"Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung
Hiermit bestätige ich, dass es für Patient/Patientin
Name: M P geb.: 1964
aus medizinischen Gründen unzumutbar ist, eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der SARS-COV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung zu tragen."
Nach Erhalt dieser E-Mail teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 01.12.2020 mit, das eingereichte Attest der Frau H mangels konkreter, nachvollziehbarer Angaben nicht anzuerkennen und ordnete an, dass der Kläger während seiner Tätigkeit als Servicetechnik einen medizinischen Mund-Nasen-Schutz zu tragen habe. Die diesbezüglich anfallenden Kosten würden gegen Vorlage der entsprechenden Belege übernommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf die von der Beklagten eingereichte Anlage B1 (Bl. 29 d.A.) Bezug genommen. Den von der Beklagten mit Schreiben vom 03.12.2020 (Bl 43 d.A.) angebotenen Termin bei der B Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH zu einer Prüfung der arbeitsbezogenen Eignung des Klägers, lehnte dieser ab.
Mit Schreiben vom 02.12.2020 (Kopie des Schreiben Bl. 41 d.A.), das die Absenderbezeichnung "M [P l], Mensch mit Natürlicher Person entspr. § 1 des staatlichen BGB, Stand 1896" und unter der Unterschrift "M aus dem Hause P " den Zusatz "M a.d.H. [P ] without prejudice UCC-1-308" aufwies, teilte der Kläger unter dem Betreff " Glaubhaftmachung in Bezug auf das Tragen eines Mund und Nasenschutzes und ärztliche Attestierung!" mit, u.a. unter Kurzatmigkeit und Atemnot durch Herzrhythmusstörungen zu leiden. Das Risiko, zusätzlich wegen Rückatmung von Kohlendioxid oder gar Sauerstoffmangel zu Schaden zu kommen, sei für ihn und die ihn behandelnde Ärztin zu hoch.
Mit Schreiben vom 11.12.2020 (Anlage B3, Bl. 31 d.A.) mahnte die Beklagte den Kläger auf Grund der Weigerung, den Auftrag am 02.12.2020 bei dem Kunden Mü mit einer Mund-Nasen-Bedeckung auszuführen, ab.
Am 04.01.2021 wies die Beklagte dem Kläger einen Einsatz für den Folgetag zu. Der Kläger teilte am 05.01.2021 mit, diesen Auftrag nur durchzuführen, wenn er keine Maske tragen müsse.
Am 05.01.2021 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zur beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Klägers an. Im Anhörungsschreiben (Bl. 47 der Akte) waren bei den Sozia...