Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung Sozialplan. Kinderzulage. Rechtmäßigkeit der Gewährung eines Kinderzuschlags i.R.e. Sozialplanabfindung nur bei Eintragung in die Lohnsteuerkarte und bei Erkennbarkeit der Zahl der Kinder

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es ist sachlich vertretbar, dass die Betriebspartner im Sozialplan nur für die Arbeitnehmer Kinder-Zusatzbeträge vorgesehen haben, bei denen am Stichtag erkennbar war, dass sie Kinder haben.

2. Es verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, dass die Betriebspartner die Zahlung eines Abfindungszuschlags für unterhaltsberechtigte Kinder davon abhängig machen, dass diese auf der Lohnsteuerkarte eingetragen sind.

3. Es ist auch nicht gleichbehandlungswidrig, wenn der Arbeitgeber auch bei „x,5” eingetragenen Kinderfreibeträgen die Zusatzbeträge für Kinder jeweils mit „x+1” berechnet, also bei 0,5 Kinderfreibeträgen nicht etwa einen halben Zusatzbetrag zahlt, sondern den vollen.

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 4 S. 1, § 112 Abs. 1 S. 3

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Kinderzuschlag zur Sozialplanabfindung.

Der getrennt lebende Kläger war bis zum 31.01.2012 bei der Beklagten beschäftigt. Zu diesem Zeitpunkt schied er wegen der Betriebsschließung aus dem Arbeitsverhältnis aus.

Der Kläger ist seinen beiden minderjährigen Kindern M. und C. unterhaltsverpflichtet. In der Elektronischen Lohnsteuerbescheinigung, die der Beklagten am 14.Januar 2012 vorlag, war die Zahl der Kinderfreibeträge mit 1,0 für das Jahr 2011 eingetragen. Der Kläger hat ausweislich dieser Unterlage Steuerklasse II. Danach, aber noch im Januar 2012 legte der Kläger der Beklagte einen neuen Bescheid der Lohnsteuermerkmale vor. Für 2012 ist dort die Zahl der Kinderfreibeträge mit 1,5 angegeben, der Kläger versteuert nach Steuerklasse I.

Unter V.1. des in der Einigungsstelle erarbeiteten Sozialplans, der am 14.01.2012 von den Betriebsparteien unterzeichnet wurde, sind die Abfindungsregeln festgelegt. Soweit hier von Interesse ist dort – auszugsweise – bestimmt:

V. Abfindungsregelungen

1. Abfindungsformel für Mitarbeiter im nicht rentennahen Lebensalter

b) Die weiteren Festbeträge berechnen sich wie folgt:

(1) Für jedes zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Sozialplans auf der Lohnsteuerkarte eingetragene unterhaltspflichtige Kind wird ein Zusatzbetrag in Höhe von EUR 4.000,00 brutto gezahlt.

Die Beklagte hat dem Kläger die Basisabfindung (V.1.a. des Sozialplans) und den Kinderzuschlag für ein Kind (V.1.b.(1) des Sozialplans) bezahlt. Dabei ist sie von der in den Lohnsteuerunterlagen angegebenen Zahl der Kinderfreibeträge ausgegangen. Soweit diese 0,5 oder 1,5 betragen haben, wurde für 1 bzw. 2 Kinder der Zuschlag bezahlt, bei ganzen Zahlen an Kinderfreibeträgen eben die genannte Zahl von Zuschlägen (also bei 1,0 Kinderfreibetrag für 1 Kind, bei 2,0 für 2 Kinder).

Der Kläger begehrt nunmehr die Zahlung des Kinderzuschlags auch für sein zweites unterhaltsberechtigtes Kind und beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, 4.000,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2012 an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die im Sozialplan getroffene Bestimmung, wonach von den Eintragungen in den dem Arbeitgeber vorliegenden Lohnunterlagen auszugehen ist, für zulässig, sie verstoße nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, sondern folge Praktikabilitätsüberlegungen. Die so angenommene Zahl von zu zahlenden Kinderzuschlägen sei bei den Verhandlungen über den Sozialplan wesentliches Datum gewesen zur Berechnung der Höhe der Kinderzulage zur Abfindung. Dabei sei im Laufe der Verhandlungen erkannt worden, dass es möglicherweise zu gewissen „Ungerechtigkeiten” kommen könne. Das aber sei letztlich in Kauf genommen worden, weil das für den Sozialplan ausgehandelte Finanzvolumen gedeckelt gewesen sei und bei der Verteilungsdiskussion kein anderes als das vorhandene Datenmaterial zur Verfügung gestanden habe. Das habe das Bundesarbeitsgericht für zulässig erachtet. Danach habe der Kläger nur Anspruch auf Kinderzuschlag für ein Kind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens und der geäußerten Rechtsansichten wird auf die gewechselten Schriftsätze mitsamt Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Kinderzuschlags zur Abfindung.

I. Der Anspruch ergibt sich nicht aus V.1.b. (1) des Sozialplans.

1. Nach dieser Regelung wird für jedes zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans auf der Lohnsteuerkarte eingetragene unterhaltspflichtige Kind ein Zusatzbetrag in Höhe von 4.000.– EUR brutto auf die Abfindung bezahlt.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (statt vieler: BAG 22.03.2005 – 1 AZR 3/04 – NZA 2005, 831 – […] Rn 10 m.w.N.), der das erkennende Geric...

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