Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der antragstellende Betriebsrat bei der Suspendierung eines Arbeitnehmers nach § 99 BetrVG zu beteiligen ist.

Die Arbeitgeberin betreibt in … mit über 100 Beschäftigten eine 200-Betten-Klinik für konservative Orthopädie und Neurologie. Seit dem 01.12.1993 ist dort in ihrer Abteilung „Orthopädie” der Mitarbeiter … als Arzt zu einer Vergütung von durchschnittlich 9.929,24 DM brutto tätig. Er ist zugleich Vorsitzender des 5köpfigen Betriebsrats.

Mit Schreiben vom 11.11.1996 (Bl. 3 d.A.) stellte die Arbeitgeberin ihn „unter Beibehaltung etwaiger Geldbezüge und ohne Anrechnung auf den bestehenden Jahresurlaub von (seinen) arbeitsvertraglichen Pflichten frei.” Ihren Betriebsrat hat sie dazu nicht angehört.

Der Betriebsrat stellt deshalb – unter Bezugnahme auf einen in einem vorangegangen Beschlußverfahren gegen die Arbeitgeberin ergangenen Beschluß der 2. Kammer des Arbeitsgerichts Minden (2 Bv 19/96 vom 14.08.1996) – den Antrag,

der Arbeitgeberin aufzugeben, die mit Schreiben vom 11.11.1996 ausgesprochene Suspendierung des Arbeitnehmers … aufzuheben.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen,

da sie kein Beteiligungsrecht ihres Betriebsrats nach § 99 BetrVG bei einer Suspendierung sieht.

Sechs Anträge auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung seines Vorsitzenden … (1 Bv 38–43/96) hat die Arbeitgeberin mittlerweile (nach Abschluß dieses Verfahrens) ebenso zurückgenommen wie acht diesem erteilte Abmahnungen (1 Ca 2110/96); seit dem 27.01.1997 beschäftigt sie ihn wieder. Unter dem Aktenzeichen 1 Ca 136/97 macht der Betriebsratsvorsitzende noch Differenzvergütungsansprüche aus Annahmeverzug aus der Zeit seiner Freistellung gegenüber der Arbeitgeberin geltend.

 

Entscheidungsgründe

II.

A.

Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig.

Er ist nach den §§ 101 Satz 1, 99 BetrVG, 2 a Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2, 80, 81 Abs. 1, 82 Satz 1 ArbGG vor dem örtlich zuständigen Gericht zutreffend im Wege des Beschlußverfahrens gestellt worden. Der Arbeitnehmer … war nicht nach § 83 Abs. 3 ArbGG am Verfahren zu beteiligen (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 18. Aufl., § 101 Rdnr. 3 m.w.N.).

B.

Der Antrag ist aber nicht begründet.

Dem Betriebsrat steht bei der Suspendierung eines Arbeitnehmers kein Beteiligungsrecht nach § 99 BetrVG zu (ganz h.M.). Der vereinzelt vertretenen gegenteiligen Auffassung (insbesondere der 2. Kammer des Arbeitsgerichts Minden in dem unter I. zitierten Beschluß im Anschluß an Kittner in Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG 5. Aufl., § 99 Rdnr. 107) vermag die erkennende Kammer nicht zu folgen. Sie mag zwar mit den dort genannten Argumenten rechtspolitisch durchaus wünschenswert sein, nach der geltenden Rechtsordnung bedeutet sie jedoch eine unzulässig Rechtefortbildung.

Da der Betriebsratsvorsitzende … mittlerweile wieder beschäftigt wird, sei von einer vertieften Diskussion der hier streitigen Rechtsfrage abgesehen und nur auf Folgendes verwiesen:

1. Das Betriebsverfassungsgesetz regelt in seinem 4. Teil, 5. Abschnitt, 3. Unterabschnitt mit den §§ 99 bis 105, insbesondere in den §§ 99 und 102 erschöpfend und abschließend die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei den fünf enumerativ aufgezählten personellen Einzelmaßnahmen Einstellung, Eingruppierung. Umgruppierung, Versetzung (§ 99) und Kündigung (§ 102). Eine Erweiterung im Wege der Analogie ist deshalb nicht zulässig (allgemeine Meinung, vgl. nur Fitting/Kaiser/Heither/Engels, a.a.O., § 99 Rdnr. 9; ebenso Kittner, ebda., Rdnr. 35). Es ist deshalb mittlerweile ganz einhellig anerkannt, daß etwa die Abmahnung – die ja ähnlich wie die (vorläufige) Freistellung von der Arbeitsleistung ebenfalls in der Praxis oft eine „Vorstufe” zur Kündigung eines Arbeitnehmers darstellt – nicht der personellen Mitbestimmung des. Betriebsrats nach § 99 BetrVG unterliegt Auch die Suspendierung ist ein seit langer Zeit bekannter und mit feststehender Bedeutung verwandter arbeitsrechtlicher Begriff, der dessen ungeachtet keinen Eingang in das gesetzlich festgeschriebene System der Beteiligungsrechte des Betriebsrats gefunden hat.

Das vom antragstellenden Betriebsrat reklamierte Zustimmungsverweigerungsrecht bei der Freistellung eines Arbeitnehmers wäre danach letztlich auch systemwidrig:

Denn die (gänzliche) Freistellung von der Arbeitsleistung ist von ihrem Sinn und Wesen her einer Kündigung (als eben deren Vorstufe) sehr viel ähnlicher als einer Versetzung. Auch bei der Kündigung aber hat der Gesetzgeber bewußt und gewollt dem Betriebsrat gerade nur ein geringeres Mitwirkungsrecht, nämlich grundsätzlich eben nur ein Anhörungsrecht nach § 102 BetrVG eingeräumt, nicht aber ein Vetorecht. Dies mag man mit nachvollziehbaren Gründen für rechtspolitisch verfehlt halten, ist aber nach geltender Gesetzeslage so hinzunehmen.

2. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, daß der von der Freistellung betroffene Arbeitnehmer selbst rechtlich hinreichend geschützt ist, da er sich – wie auch...

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