Entscheidungsstichwort (Thema)
McDonald's darf geringfügig beschäftigtem Schüler keine Sozialversicherungsbeiträge abziehen
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass kein Abzug von Arbeitnehmer- oder Eigenanteilen zur Sozialversicherung erfolgen darf, solange der Kläger als geringfügig Beschäftigter im Sinne § 8 Abs. 4 SGB IV beschäftigt ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 103,21 DM netto zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen weiteren Betrag von 95,39 DM netto zu zahlen.
4. Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.
5. Der Wert wird auf 841,71 DM festgesetzt.
Gründe
Pressemitteilung
Das Arbeitsgericht Nienburg hat am 22. Februar 2000 über die Klage eines geringfügig beschäftigten Schülers gegen McDonald's verhandelt. Dieser klagt dagegen, dass McDonald's ihm seit Mai 1999 einen Eigenanteil zur Rentenversicherung vom Lohn abzieht McDonald's hat kurz vor dem Termin schriftlich vorgetragen, dass nur noch weniger als 1 % seiner Arbeitnehmer geringfügig beschäftigt seien. Die übrigen Arbeitsverhältnisse seien in Sozialversicherungspflichtige (Teilzeit)Stellen umgewandelt worden. Ein Rechtsstreit lohne sich deshalb nicht mehr. Die Forderung des Klägers werde akzeptiert. Zum Termin ist für McDonald's niemand erschienen.
McDonald's Verfahrensweise verstößt gegen das Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24. März 1999 (BGBl. I 1999, S. 388). Das Arbeitsgericht Nienburg hat daher durch Versäumnisurteil McDonald's verurteilt, an den Schüler 198,60 DM abgezogene Sozialversicherungsbeiträge zurückzuzahlen. Es hat ferner festgestellt, dass McDonald's vom Lohn des Klägers solange keine Sozialversicherungsbeiträge abziehen darf, wie dieser geringfügig Beschäftigter ist. Es ist davon auszugehen, dass McDonald's allen geringfügig Beschäftigten, die dies geltend machen, rückwirkend zum 1. April 1999 die einbehaltenen Sozial Versicherungsbeiträge erstattet.
Soweit bekannt, ist dies das erste Urteil, durch das McDonald's der Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen bei geringfügig Beschäftigten untersagt worden ist Ein Urteil des Arbeitsgerichts Kassel (6 Ca 513/99) ist zu einem anderen Sachverhalt ergangen. Dort war streitig, ob die Arbeitnehmerin überhaupt geringfügig Beschäftigte war.
Das Gericht darf ein Versäumnisurteil nur dann aussprechen, wenn der eingeklagte Anspruch dem Kläger aufgrund des von ihm vorgetragenen Sachverhalts zusteht Das Arbeitsgericht hatte vor Verkünden des Versäumnisurteils daher zu prüfen, ob Arbeitgeber vom Lohn geringfügig Beschäftigter einen Arbeitnehmer- oder Eigenanteil zur Sozialversicherung einbehalten dürfen. Geringfügige Beschäftigung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer weniger als 15 Stunden je Woche arbeitet oder die Beschäftigung auf höchstens 50 Arbeitstage im Jahr begrenzt ist und das monatliche Entgelt unter 630,– DM liegt. Durch das Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24. März 1999 ist ein allein vom Arbeitgeber zu tragender Beitrag zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung von zusammen 22 % eingeführt worden (§ 249 b SGB V, § 172 SGB VI). Der Gesetzgeber hat diese Regelung eingeführt, weil die Anzahl der geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer stark gestiegen ist 1987 kamen auf einen geringfügig Beschäftigten noch 7,4 Sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, 1997 nur noch 4,8. Dadurch gingen die Einnahmen der Kassen der Sozialversicherung immer weiter zurück. Durch die Einführung des allein vom Arbeitgeber zu tragenden Pauschalbeitrags soll die Finanzgrundlage der Sozialversicherung wieder gestärkt werden. Dies ist auch gelungen. Die Sozialkassen haben in der Zeit von der Einführung der Neuregelung im April 1999 bis zum Jahresende etwa 1,8 Milliarden DM mehr eingenommen.
Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen durch die Neuregelung allerdings keine zusätzlichen Belastungen der Arbeitnehmer eintreten. Deshalb hat der Gesetzgeber eindeutig bestimmt, dass die an die Sozialversicherung abzuführenden Pauschalbeiträge allein vom Arbeitgeber zu tragen sind und nicht – auch nicht anteilig – auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden dürfen. Im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung hat das Gericht auch nicht feststellen können, dass die Neuregelung ganz oder teilweise gegen das Gebot zur Gleichbehandlung verstößt und damit verfassungswidrig ist Daher hat das Arbeitsgericht Nienburg das vom Kläger beantragte Versäumnisurteil erlassen.
Gegen das Versäumnisurteil kann innerhalb einer Woche nach seinem Zugang von McDonald's Einspruch eingelegt werden. Geschieht dies nicht, wird das Versäumnisurteil rechtskräftig. Es hat dann dieselbe Wirkung wie ein nach streitiger Verhandlung ergangenes Urteil. McDonald's muss dann aufgrund dieses Urteils die zu Unrecht einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge an den Schüler zurückzahlen und sich künftig gesetzeskonform verhalten. Wird Einspruch eingelegt, muss in einem neuen Termin darüber entschieden werden, ob aufgrund Sachvortrags von McDonald's anders en...